Polizei blockiert die Zufahrtstrassen nach Islamabad. | Fieberhafte Suche nach einer politischen Lösung. | Lahore. Pakistans Anwälte sind weiter entschlossen: Auch am zweiten Tag des Protestes trotzen Hunderte Juristen im ganzen Land der Regierung, die den Marsch der Anwälte nach Islamabad mit allen Mitteln verhindern will. Trotz eines Versammlungsverbotes kamen auch am Freitag Hunderte Anwälte erneut in verschiedenen Städten des Landes zusammen, um die Einsetzung der noch von Ex-Präsident Pervez Musharraf geschassten Richter zu verlangen.
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Unzählige Aktivisten sind inzwischen in Haft, die Polizei sperrt Zufahrtstraßen und blockiert Protestzüge. Die Anwälte wollen am Montag Islamabad erreichen. Mehr als 1.000 zusätzliche Sicherheitskräfte sind dort stationiert worden. Bereits am Freitag war es etwa 50 Juristen gelungen, in die Stadt einzudringen, andere Gruppen von Anwälten sollen sich in der Hauptstadt versteckt halten.
Unterdessen wird hinter den Kulissen fieberhaft nach einem Ausweg aus der politischen Krise gesucht. Die Männer in den schwarzen Anzügen demonstrieren seit 2007 für die Wiedereinsetzung des obersten Richters Iftikhar Chaudhry. Der war von Musharraf entlassen worden, nachdem er sich geweigert hatte, dessen Wiederwahl in das oberste Staatsamt rechtlich anzuerkennen.
Die Bewegung der Anwälte hat neuen Schwung bekommen, seit die von Musharraf eingesetzten Richter die beiden wichtigsten Oppositionspolitiker des Landes kaltgestellt haben. Es wird allgemein angenommen, dass Präsident Asif Ali Zardari hinter dieserEntscheidung steckt. Zardari hatte Anfang September Musharraf als Präsidenten abgelöst, der das Amt zuvor über acht Jahre innehatte.
"Das Militär hat achteinhalb Jahre für das gebraucht, was Mister Zardari in achteinhalb Monaten zustande gebracht hat, sagte Mehmud Ashraf Khan, einer der Aktivisten der Anwaltsbewegung. Der Marsch werde planmäßig stattfinden. "Die Bewegung der Anwälte ist nicht zu stoppen", erklärte Fahim Zaman, der frühere Bürgermeister von Karachi.
Die USA und Großbritannien bemühen sich um eine rasche Krisenlösung. Das letzte, was Amerika im Moment gebrauchen kann, ist ein außer Kontrolle geratenes Pakistan. Die Kooperation des Atomwaffenstatates ist im Afghanistan-Krieg unverzichtbar. Militärchef Asfaq Kayani kam mit Präsident Zardari und Premierminister Yusuf Raza Gillani zusammen, um die Situation zu beraten. Zeitungsberichten zufolge soll der mächtige Armeeführer Zardari ein 24-Stunden Ultimatum gestellt haben, um ein neues Arrangement mit der Partei von Nawaz Sharif, der Muslim-Liga-N, zu finden. Die Richter in Islamabad hatten den Sharif-Brüder die Ausübung aller politischen Ämter untersagt. Zardari hatte daraufhin Shabhaz Sharif von seinem Posten als Regierungschef der Punjab-Provinz ab- und einen ihm genehmen Gouverneur eingesetzt. Inzwischen gibt es Signale, dass Zardari seinen Gouverneur zurückziehen könnte.
Auch wenn es zu einem politischen Kuhhandel zwischen Zardari und den Sharif-Brüdern kommt, ist fraglich, ob die Anwaltsbewegung zu stoppen ist. Die Juristen fordern die Wiedereinsetzung der alten Richterbank. Doch dies kann weder Zardari noch den USA wirklich passen. Es ist zu erwarten, dass Chaudhry, sobald er wieder Chef-Richter ist, umgehend ein Abkommen zwischen Musharraf und Zardari kippen wird, das Zardari, gegen den zahlreiche Verfahren anhängig sind, Freiheit vor Strafverfolgung zusichert. Zudem könnte Chaudhry auch das Verfahren gegen die Regierung wegen zahlreicher vermisster pakistanischer Staatsbürger wiedereröffnen, die angeblich vom amerikanischen Geheimdienstes verschleppt wurden.