Die Kommission der Europäischen Union hat Österreich aufgefordert, die Regelungen zur Eröffnung einer Apotheke an die Vorschriften des Binnenmarktes anzupassen. | Neben Italien und Spanien hat auch Österreich offensichtlich einige arzneimittelrechtliche Bestimmungen, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind. Dementsprechend hat die Europäische Kommission Österreich am 28. Juni mit einer begründeten Stellungnahme förmlich aufgefordert, seine innerstaatlichen Bestimmungen über die Eröffnung und Führung von Apotheken zu ändern.
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Eine mit Gründen versehene Stellungnahme stellt - nach einem zuvor ergangenen Mahnschreiben - bereits die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 226 des EG-Vertrages dar. Erhält die Kommission nicht binnen zweier Monate nach Eingang dieser Stellungnahme eine zufrieden stellende Antwort seitens Österreichs, kann sie den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit einer Vertragsverletzungsklage anrufen.
Unvereinbar mit Niederlassungsfreiheit
Die Kommission spezifiziert in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme folgende Bestimmungen des österreichischen Arzneimittelrechts als mit der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 43 EGV unvereinbar:
(a) Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bei der Erteilung von Genehmigungen für die Eröffnung einer Apotheke: Nach § 3 Abs. 4 des Apothekengesetzes (AG) ist einem Antragsteller, der kein österreichisches Apothekerdiplom erworben hat, die Berechtigung zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke nämlich ausschließlich unter der folgenden Voraussetzung zu erteilen: Wenn die Berechtigung für eine Apotheke beantragt wird, die seit mindestens drei Jahren betrieben wird.
(b) Verbot der Eröffnung einer Apotheke in Gemeinden, in denen es keine Arztpraxis gibt: Laut § 10 Abs. 1 AG ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke nur dann zu erteilen, wenn in der Gemeinde des Standortes der Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat. Ein solches Verbot lässt sich aber nicht durch das Ziel rechtfertigen, die öffentliche Gesundheit und die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln zu gewährleisten.
Beschränkungen durch Einwohnerzahl
(c) Beschränkung der Zahl der Apotheken abhängig von der Einwohnerzahl und der Mindestentfernung zwischen Apotheken: § 10 Abs. 2 des Apothekengesetzes bestimmt, dass dann kein Bedarf zur Errichtung einer Apotheke besteht, wenn entweder die Entfernung zur nächstgelegenen Apotheke weniger als 500 Meter beträgt oder die Zahl der von den umliegenden Apotheken zu versorgenden Personen durch die Neuerrichtung so vermindert wird, dass sie weniger als 5500 beträgt. Auch eine solche quantitative Beschränkung hält dem Test der Unverhältnismäßigkeit nicht stand.
(d) Beschränkung in der Wahl der Rechtsform einer Apotheke: Nach § 12 Abs. 2 AG können Apotheken nur in der Rechtsform einer Personengesellschaft, nicht aber in der einer Kapitalgesellschaft betrieben werden. Die Qualität der pharmazeutischen Dienstleistung hängt aber eher mit der professionellen Führung und Kontrolle als mit der Rechtsform zusammen, wie dies der EuGH bereits in seinem Urteil vom 21. April 2005 in der Rechtssache C-140/03 zu vergleichbaren Beschränkungen für Optikergeschäfte in Griechenland ausgeführt hat
(e) Verbot des Betriebs von mehreren Apotheken: Gemäß § 2 dürfen Inhaber, Pächter oder Leiter von Apotheken keine andere öffentliche Apotheke innehaben, pachten oder leiten. Damit werden aber natürliche oder juristische Personen gehindert, mehrere Niederlassungen gleichzeitig zu betreiben, was der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs ebenfalls zuwiderläuft.