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Die Ära der G8 geht zu Ende: Viel Wolkiges unter blauem Himmel

Von Analyse Von Georg Friesenbichler

Analysen

Es waren nicht acht, sondern 28 Staaten, die sich in L´Aquila zur Abschlusssitzung des G8-Gipfels trafen. Auch wenn über eine neue Struktur der Gipfeltreffen erst nächstes Jahr entschieden werden soll, ist die Form, wonach sich die sieben stärksten Volkswirtschaften und Russland an einen Tisch setzen, bereits heute aufgeweicht. | Die fünf größten Schwellenländer China, Indien, Mexiko, Brasilien und Südafrika sind schon jetzt regelmäßig dabei, die G20 beschäftigen sich mit den Weltfinanzen, und Entwicklungsländer sowie große internationale Organisationen werden gleichfalls beigezogen. "Die Welt ist ein Stück zusammengerückt", zeigte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zufrieden. Sie gehört zusammen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zu jenen, die darauf drängen, den traditionellen G8-Kreis zu erweitern.


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Kein Land könne die Probleme der Welt allein lösen, merkte Merkel an, und damit hat sie wohl recht. Gerade der Gipfel im italienischen Erdbebengebiet zeigte aber auch die Grenzen solcher Veranstaltungen auf. Wie gewohnt, kam auch unter dem blauen Himmel von L´Aquila viel Wolkiges heraus. Blockierten vordem die USA unter George W. Bush die Klimaschutzmaßnahmen, wollten sich diesmal Russland, China und Indien nur auf vage Absichtserklärungen einlassen. Konkrete Ziele zur Schadstoffreduktion gibt es weiterhin nicht.

Dass ökonomische Themen trotz Wirtschaftskrise eher untergingen, war angesichts der Substanzlosigkeit kein Wunder: Es wurde lediglich neuerlich der Willen bekräftigt, möglichst schnell die Doha-Runde zur Liberalisierung des Welthandels abzuschließen und zu keinen protektionistischen Maßnahmen zu greifen. Weiteres soll offenbar dem G20-Gipfel Ende September vorbehalten bleiben.

Drittes wichtiges Thema war der Beistand der Reichsten für die Ärmsten: "Hilfe zur Selbsthilfe", von Hilfsorganisationen seit Jahrzehnten propagiert, soll nun offizielle Richtschnur der Entwicklungshilfe werden, die Mittel dafür muten allerdings bescheiden an. Überdies sind schon die vor vier Jahren beschlossenen Zusagen für Afrika nicht erfüllt worden.

Bleibt als Fazit tatsächlich nur, dass sich die Zeit der westlich zentrierten G8-Gruppe offenbar dem Ende zuneigt. Wie viele Staaten an ihrer Stelle treten sollen, ist noch unklar - G14, wie es Sarkozy vorschwebt, oder G20 (Merkels Wunsch)? Ganz verschwinden wird die Exklusivität der G8 wohl trotzdem nicht - Merkel sieht die Notwendigkeit, dass sich im Vorfeld entscheidender Treffen in großem Rahmen die Industrieländer untereinander absprechen.

Halten diese nur noch Vorbereitungsmeetings ab, schwindet wohl auch die Gegnerschaft der Globalisierungskritiker - schon in L´Aquila protestierten weniger als erwartet.

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