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Die Ära nach Hamid Karzai

Von David Ignatius

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Die USA sollten sich in Afghanistan wieder mehr auf die Politik konzentrieren, um die Taliban zu Verhandlungen zu zwingen.


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Die USA wollen die für 2014 geplante Übergabe in Afghanistan vorantreiben, damit die US-Truppen schneller nach Hause kommen. Und in Kabul redet man darüber, den politischen Übergang in die Zeit nach Präsident Hamid Karzai zu verlegen - und ob man diesen Vorgang beschleunigen sollte. Um einen Nachfolger für Karzai zu finden, der 2009 für eine neue Amtszeit wiedergewählt wurde, müsste der afghanischen Verfassung gemäß die Präsidentschaftswahl vor Ende 2014 stattfinden. Es ist aber zunehmend die Rede davon, die Wahl auf 2013 vorzuziehen, wenn noch viele Nato-Truppen da sind, um für Sicherheit zu sorgen.

Ein Argument für einen früheren Wahltermin ist, dass dieser die Aufmerksamkeit aller auf den bevorstehenden politischen Übergang fokussieren würde - statt nur auf die militärische Lage. Die Betonung des Militärischen auf Kosten von Politik und Verwaltung hat die Bemühungen der USA in Afghanistan von Anfang an beeinträchtigt.

Ein neuer Fokus der USA auf die Politik in Afghanistan könnte die Taliban verwirren. Im Moment scheinen die Aufständischen zu glauben, dass sie nur den geplanten Abzug der Nato-Kampftruppen abwarten müssen, die ihre Führungsrolle Mitte nächsten Jahres abgeben, und schon ist der Weg frei. Die Taliban wären weniger zuversichtlich und bereitwilliger zu verhandeln, wenn die USA neue politische Führungspersönlichkeiten unterstützten. Ein Deal mit den Taliban, bevor es eine neue afghanische Regierung gibt, "wird in Tränen enden", warnt ein prominenter afghanischer Wirtschaftsboss.

Hier einige der politischen Kandidaten, die von Analysten der USA, Europas und Afghanistans gehandelt werden: Farooq Wardak, Paschtune und Unterrichtsminister; Hanif Atmar, Paschtune und früherer Innenminister; Ashraf Ghani, Paschtune und früherer Finanzminister; Amrullah Saleh, Tadschik und früherer Geheimdienstchef; Atta Mohammed Noor, populärer tadschikischer Gouverneur der Provinz Balkh.

Jeder dieser afghanischen Politiker (und es gibt noch viele mehr, die ich aufzählen könnte) würde dem Land ein dynamischeres politisches Aussehen geben - weniger korrupt und kompetenter als Karzai.

Warum versuchen die USA so sehr, vor der bevorstehenden Wahl, die die politische Zukunft Afghanistans entscheiden wird, mit den Taliban zu verhandeln? Eine gute Frage. Vielleicht hat die Regierung von Barack Obama dem Feind die Hand einfach ein Jahr zu früh ausgestreckt, bevor sich in Kabul ein neues Führungsteam gebildet hat.

Die festgefahrenen Verhandlungen mit den Taliban sind ein weiterer Grund, sich mehr auf die Politik zu konzentrieren, damit eine beliebtere und weniger belastete afghanische Regierung über die Zukunft des Landes verhandeln kann mit einem Feind, der - so wirkungsvoll auch seine Straßenbomben sein mögen - wenig beliebt ist. "Karzais Abgang kann eine sehr gute Möglichkeit sein, die Reset-Taste zu drücken", sagt der afghanische Wirtschaftsboss. Je schneller, umso besser.

Übersetzung: Redaktion