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Die Arbeitsebene geigt, die Politik schweigt

Von Kurt Bayer

Gastkommentare
Kurt Bayer ist Ökonom und war Board Director in Weltbank (Washington, D.C.) und EBRD (London) sowie Gruppenleiter im Finanzministerium. Er blogt unter kurtbayer.wordpress.com.

Weist Österreich im Jahr 2013 in der globalen Wirtschaftspolitik den Weg? Die Grundlagen dafür wären vorhanden, sie müssten nur genutzt werden.


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Die Voraussetzungen sind gar nicht schlecht: Thomas Wieser ist Vorsitzender der Eurogroup Working Group, und damit die Informationsdrehscheibe für alle Fragen der Eurozone: neben Jean-Claude Juncker also die wichtigste Person in der Eurogruppe; Paul Schieder arbeitet ihm zu als Vorsitzender der Arbeitsgruppe des Wirtschafts- und Finanzausschusses des Ecofin. Mit Hans Prader ist - erstmals seit Bestehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) - ein Österreicher Exekutivdirektor einer wichtigen Stimmrechtsgruppe im IWF und als längstdienender Direktor eine Macht, weit über den Stimmrechtsanteil der Gruppe hinaus. Hannes Seiringer ist der neue Board Director in der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London, zwar ganz neu, aber als Österreicher auch mit potenziell überragendem Einfluss ausgestattet, da österreichische Firmen und Banken zu den größten Investoren in Mittel- und Südosteuropa zählen.

Damit sitzen vier Österreicher an ganz wichtigen Schaltstellen der internationalen Wirtschaftspolitik und könnten den politisch Verantwortlichen einen eklatanten Informations- und Einflussvorsprung verschaffen - wenn diese ihn nur nützen wollten.

Hier hakt es aber: Das Interesse der Politiker an internationalem Einfluss ist äußerst gering. Da nützt auch die eine oder andere "Europa-Rede" nichts. Wenn wir die vergangenen Monate und Jahre Revue passieren lassen, in denen die Finanz- und Wirtschaftskrise die Weltwirtschaft fast an den Rand des Abgrundes getrieben hat, fällt Österreich vor allem durch seine Nicht-Teilnahme an den internationalen Diskussionen auf. Wo ist denn der sichtbare Beitrag Österreichs, mit anderen abgesprochen, zur Krisenlösung, zu einem Zukunftsmodell, zur Neuordnung der Europäischen Union, zur Zurückdrängung des verderblichen Einflusses des außer Rand und Band geratenen Finanzkapitals? Wo bleibt die Diskussion in der österreichischen Öffentlichkeit? Welcher österreichische Wirtschaftspolitiker, welche Politikerin hat sich in der globalen Öffentlichkeit mit durchdachten Vorschlägen einen Namen gemacht?

Noch immer geht die Politik vom Diktum eines früheren Finanzministers aus: "Gewählt werden wir in Österreich, lasst mich mit diesen internationalen Sachen in Ruh’!" Es ist ein Jammer: Da sitzen an wichtigsten Schaltstellen exzellente Österreicher, da arbeiten kompetente Beamte in den vorbereitenden Ausschüssen anerkannt mit - aber die Politik bleibt stumm. Lieber verhandelt sie Spezialabkommen zur Amnestie von Steuerflüchtlingen mit der Schweiz - und verhindert auf diese Weise bauernschlau ein EU-weites Vorgehen auf diesem Gebiet - und verfestigt international das Image dessen, dem seine Klientel-Schäfchen wichtiger sind als die europäische Sache.

Ich fürchte, es wird wieder nichts mit einem Österreich-Jahr. Allein der bevorstehende Wahlkampf auf Bundes- und Gemeindeebene wird das verhindern: Wieder nichts mit "Österreich über alles, wenn es nur will", wie es einst Gottfried von Hornik propagierte.

Seine Politik will nicht!