Siegfried Wolf & Co machen international Karriere. | Bei AUA und ÖBB sind neue Frontmänner an Bord gegangen. | Mit Böhler-Chef Raidl tritt die alte Garde tritt ab. | Oleg Deripaska sorgte für den Coup des Jahres 2010: Der Milliardär holte Magna-Co-Chef Siegfried Wolf zu seinem russischen Mischkonzern Basic Elements. Er bot dem gelernten Werkzeugmacher, der an der Bundeslehranstalt für Maschinenbau den Berufstitel Ingenieur erworben hatte, 1995 in den Magna-Konzern eingetreten ist und seit 2005 an der Seite von Frank Stronach als einer der Chefs des austro-kanadischen Autozulieferers fungierte, die Chance des Lebens: Der gebürtige Steirer ist seit Mitte November als Aufsichtsratsvorsitzender mit Durchgriffsrecht bei der Division OJSC Russian Machines engagiert, der Mutter des russischen Autoherstellers GAZ.
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Eine riesigen Sprung nach oben schaffte auch Siemens Österreich-Generaldirektorin Brigitte Ederer: Die einstige EU-Staatssekretärin, SPÖ-Bundesgeschäftsführerin und Finanz-Stadträtin von Wien wurde von Siemens-Boss Peter Löscher, einem gebürtigen Kärntner, nach München geholt. Dort übernahm die aus dem Wiener Arbeiterbezirk Floridsdorf stammende Blitzaufsteigerin, die erst 2001 in die Wirtschaft gewechselt war, die Verantwortung für das Europa-Geschäft des deutschen Technologiekonzerns sowie das Ressort Human Ressources.
Der Dritte im Bunde, der im zu Ende gehenden Jahr einen neuen Traumjob erhielt, ist Federico Ghizzoni. Der erst im August zum Generaldirektor-Stellvertreter der Bank Austria bestellte 55-jährige Italiener wurde Ende September Nachfolger von UniCredit-Boss Alessandro Profumo, der überraschend ausgeschieden ist. Seinen Posten übernimmt Gianni Franco Papa, der in Kürze als neuer Osteuropa-Chef in Wien antritt.
Im Jahr eins nach der großen Krise ging es in den Chefetagen vieler österreichischer Unternehmen so turbulent zu wie schon lange nicht: Es kam serienweise zu großteils überraschenden Revirements an der Spitze, wobei etliche bisherige Chefs von den Schatten der Vergangenheit eingeholt wurden. Bei der zuvor notgedrungen verstaatlichten Hypo Group Alpe Adria etwa musste der erst im Vorjahr geholte Generaldirektor Franz Pinkl das Feld räumen. Mit den nötigen Aufräumarbeiten wurde der 47-Jährige Gottwald Kranebitter betraut.
Der gebürtige Tiroler war zuvor Partner bei der Wirtschaftstreuhänderfirma KPMG und wechselte nach 23 Jahren die Branche: Seit Anfang April muss er als Vorstandssprecher für eine Jahresgage von 650.000 Euro - weniger als er bisher verdiente - mit seinem neuen Führungsteams dafür sorgen, dass die Kärntner Skandalbank noch irgendwie die Kurve kratzen kann: "Ich bin kein Masochist", sagte er beim Start, "aber in Österreich gibt es derzeit keine größere Herausforderung."
Konflikte führenzu vielen Ablösen
Eine Mega-Aufgabe, an der im letzten Jahrzehnt bereits vier Vorgänger gescheitert sind, übernahm auch der bisherige Verbund-Vorstand Christian Kern, ursprünglich Wirtschaftsjournalist, der sich sodann als Büroleiter und Pressesprecher von SPÖ-Politikern hochgedient hatte. Der 44-Jährige löste im Juni den bisherigen ÖBB-Boss Peter Klugar ab und soll die Weichen beim maroden Staatskonzern neu stellen, damit dieser in einigen Jahren endlich aus der Verlustzone kommen kann. Kern schlug nach seiner Schonfrist von 100 Tagen bei einer Pressekonferenz Alarm, prangerte u.a. "chaotische Zustände" an und trennte sich von einigen hochrangigen Kollegen. So etwa demontierte er im November die beiden Chefs der schwer defizitären Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria, Friedrich Macher und Günther Riessland.
Beim Flughafen Wien war heuer auf Grund des Skylink-Debakels ebenfalls dicke Luft angesagt: Vorstandsboss Herbert Kaufmann konnte seinen Sessel zwar monatelang tapfer verteidigen, wurde jedoch vor zwei Wochen endgültig abserviert: Er scheidet auf massives Drängen des Aufsichsratsvorsitzenden Christoph Herbst mit Jahresende aus. Die beiden anderen Airport-Direktoren, Ernest Gabmann und Gerhard Schmid, müssen indes erst in einem Jahr den Abflug machen. Herbst, im Hauptberuf Anwalt, wird interimistisch die Führung übernehmen, zwei professionelle Vorständen werden via Ausschreibung gesucht.
Abgänge gab es auch bei der Bewag: Das Vorstandsduo, Hans Lukits und Josef Münzenrieder, musste nach acht beziehungsweise sechs Jahren an der Spitze gehen, weil die unterschiedlichen Auffassungen über die künftige Firmenstrategie zwischen den beiden und ihren Eigentümern nicht mehr überbrückbar waren. Vorige Woche kürte der Aufsichtsrat der burgenländischen Stromfirma Michael Gerbavsits, der zuletzt als Landesdirektor der Bank Austria fungierte, sowie den bisherigen Begas-Vorstand Reinhard Schweifer zu Nachfolgern.
Konflikte spielten weiters bei zwei spektakuläre Blitzabgängen in der Medienbranche die ausschlaggebende Rolle: Horst Pirker verließ abrupt die Styria Media Group, nachdem er sich mit den weitaus weniger expansiv denkenden Aufsichtsräten überworfen hatte; ORF-Informationsdirektor Elmar Oberhauser unterlag in einem viel Aufsehen erregenden Machtkampf mit Generaldirektor Alexander Wrabetz und musste den Staatsfunk schlagartig verlassen. Bei der Verlagsgruppe News indes ging Geschäftsführer Oliver Voigt nach fünf Jahren überraschend von Bord, ohne dass es besonderen Stunk gegeben hätte. Der 44-jährige Deutsche, dessen Nachfolger Matthias Schönwandt heißt, wolle sich "neuen beruflichen Herausforderungen stellen", hieß es - er könnte Marktgerüchten zufolge Boss der "Krone"/"Kurier"-Holding Mediaprint werden.
Zu überraschenden Abgängen, die dem Vernehmen nach mit Chemie zu tun hatten, kam es auch in der Bankenbranche. Die beiden bislang erfolgreichsten Geld-Ladys warfen nämlich das Handtuch: Elisabeth Bleyleben-Koren, Chefin der Erste Bank Österreich, gab vorzeitig ihren Rückzug bekannt und zog sich Ende Juni in die Pension zurück. Im Herbst kehrte Regina Prehofer, die sich bei der Bank Austria hochgedient hatte, nach nur zwei Jahren der Bawag den Rücken. Die 54-jährige Oberösterreicherin wird vermutlich schon bald wieder irgendwo in führender Position auftauchen.
Auch Spitzenleutemit Ablaufdatum
Zu den Aufsteigern des Jahres zählen die Banker Herbert Stepic, der als Chairman der neugegründeten Raiffeisen Bank International AG endgültig zum großen Raiffeisen-Zampano wurde, sowie Gernot Mittendorfer, der den Sprung von Tschechien in den Vorstand der Erste Group schaffte, in den er mit Jahresanfang einzieht. Auch Wolfgang Hesoun, der nach 22 Jahren Baugeschäft von der Porr AG zu Siemens Österreich gewechselt ist, hat es sich als Nachfolger von Brigitte Ederer karrieremäßig durchaus verbessern können. Der Franzose Thierry Antinori schließlich übernimmt im Auftrag der Lufthansa in Wien einen beinharten Job: Er wurde den derzeitigen AUA-Vorständen Peter Malanik und Andreas Bierwirth vor die Nase gesetzt, um die Airline an eine straffe Leine zu legen. Die Verträge seiner beiden Neo-Kollegen laufen noch bis 2012.
Etliche rot-weiß-rote Spitzenmanager sind heuer einfach aus Altersgründen ausgeschieden, darunter der 61-Jährige Reinhold Süßenbacher, der die Umdasch-Gruppe elf Jahre lang erfolgreich geführt hat. EVN-General Burkhard Hofer, Jahrgang 1944, zieht sich in wenigen Wochen - allerdings vorzeitig - aus dem Geschäftsleben zurück. Ein Faktotum der österreichischen Wirtschaft, der omnipräsente Claus Raidl, langjähriger Böhler-Generaldirektor und zuletzt Vorstand beim heimischen Stahlkonzern Voest, macht mit Jahresende Schluss. Knapp nach seinem 68. Geburtstag räumt er für den um 15 Jahre jüngeren Franz Rotter das Feld - Raidl bleibt allerdings Präsident der Oesterreichischen Nationalbank.
Eine Reihe anderer Bosse muss sich bereits mit ihrem baldigen Ablaufdatum anfreunden: OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer, seit neun Jahren die Nummer eins des Ölkonzerns, hört - kurz nach seinem Sechziger - am 1. April 2011 auf. Sein lediglich zwei Jahre jüngerer Stellvertreter Gerhard Roiss wird vertragsgemäß bis März 2014 das Kommando übernehmen.
Bei der Uniqa ist hingegen ein Generationssprung geplant: Der dann 60-jährige Generaldirektor Konstantin Klien wird Ende Juni 2011 ausscheiden und seinem jetzigen Vize, dem 41-jährigen Andreas Brandstetter, Platz machen. Günter Geyer wiederum, 67-jähriger CEO der Vienna Insurance Group, möchte sich dagegen erst Mitte 2012 nach 24 Jahren im Vorstand, in den Ruhestand begeben. Sein designierter Nachfolger Peter Hagen, 51, wird sich also noch in Geduld üben müssen. Robert Lasshofer, bisher Geyers Vize, durfte hingegen schon im Sommer bei der Wiener Städtischen Versicherung die Agenden des Generaldirektors übernehmen.