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Die Aufholjagd der Underdogs

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik
Bernie Sanders fuhr noch in der Nacht weiter nach New Hampshire und wurde dort frenetisch empfangen.
© reu/Wilking

Nach Iowa: Bei den Republikanern ist der drittplatzierte Marco Rubio der eigentliche Sieger des Abends.


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Washington/Des Moines. Im monatelangen Wettbewerb um die Nominierung ihrer Partei für das Rennen ums Weiße Haus sind es nicht immer zwangsläufig die Sieger, die die Narrative schreiben. Bisweilen, ja nicht selten, kommt es vor, dass Kandidaten, die an zweiter oder gar an dritter Stelle landen, als die großen Gewinner gelten; alles eine Frage der Ausgangsposition und der Zukunftsperspektive. Aber zunächst zur Ist-Situation.

Dienstag stand fest, dass bei den Republikanern Ted Cruz, Senator und erzkonservativer Parteirebell aus Texas, den Iowa Caucus gewonnen hat. Streng genommen keine Überraschung. Bis vergangenen Monat hatte der Rechtsaußen, der seine Jesus-Hörigkeit vor sich herträgt wie andere die Farben ihres Fußballvereins, alle Umfragen souverän angeführt. Aber dann erhöhte jener Kandidat, um den sich in den vergangenen Monaten so ziemlich alles zu drehen schien, plötzlich die Schlagzahl seiner Attacken und mit einem Mal schien es, als ob die einzig verbliebene Frage die wäre, wie hoch der Sieg von Donald Trump am Ende ausfallen würde. Darin waren sich praktisch alle Meinungsforschungsinstitute einig.

Aber wie sich erwies, reichten selbst die zahlreichen Erstwähler, die der New Yorker Immobilienmagnat in Iowa mobilisieren konnte, nicht aus, um Cruz zu gefährden. Als gegen Mitternacht die letzten Wahlbezirksaufseher ihre Ergebnisse nach Iowas Hauptstadt Des Moines rapportierten, sah die Sache so aus: Cruz 27,7 Prozent, Trump 24,3 Prozent. Marco Rubio, Senator von Florida, 23,1 Prozent. Dann ein großes Loch. Der nächste Kandidat, der pensionierte Gehirnchirurg Ben Carson, der Cruz an religiösem Eifer in nichts nachsteht: 9,3 Prozent. Rand Paul, Senator von Kentucky und Bannerträger des libertären Parteiflügels: 4,5 Prozent. Hinter ihnen wird es so richtig finster.

Jeb Bush, Ex-Gouverneur von Florida und Sohn und Bruder zweier Ex-Präsidenten: 2,8 Prozent. Carly Fiorina, Ex-Vorstandsvorsitzende von Hewlett-Packard: 1,9. Ebenso viel wie John Kasich, der am Freitag noch die Wahlempfehlung der "New York Times" auf republikanischer Seite einheimste; was ihm im ruralen Iowa indes mehr schadete als nutzte. Macht Ted Cruz dieses Erfolgserlebnis nun zwangsläufig zum Favoriten auf die Nominierung seiner Partei?

Ganz und gar nicht. Der Grund dafür ist relativ simpel. Kein anderer Kandidat hat mehr Zeit und Energie in den 3,1-Millionen-Bundesstaat gesteckt als Cruz. Der im kanadischen Calgary geborene Sohn kubanischer Einwanderer hatte schon vor zwei Jahren damit begonnen, regelmäßig Zeit in Iowa zu verbringen, Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Nicht so sehr ins politische Establishment von Des Moines, das ihn ebenso, man kann es wirklich nicht anders sagen, aufrichtig hasst wie das in Washington - Terry Branstad, der an und für sich extrem populäre Gouverneur von Iowa hatte gar öffentlich bekannt, dass ihm jeder Kandidat als Sieger des Caucus recht wäre, nur nicht Cruz -, sondern zu evangelikalen Pastoren und ihren Schäfchen. Nachdem diese in dem Bundesstaat, der zu 90 Prozent von Weißen bevölkert wird, zu den verlässlichsten Caucus-Gehern zählen, machten sie auch diesmal den Unterschied aus.

Die einzige wirkliche Überraschung bildete das Abschneiden von Marco Rubio, der sich als einziger als der wirklich große Sieger des Abends fühlen kann. Während Trump den Nimbus der vermeintlichen Unbesiegbarkeit verloren hat, bestätigt das Ergebnis des Iowa Caucus einmal mehr eines: dass Rubio, der Sohn kubanischer Immigranten, für das Establishment der Partei die mit Abstand beste aller Möglichkeiten repräsentiert, Extremisten wie Cruz und Populisten wie Trump das Wasser abzugraben.

Es wäre kein Wunder, wenn sich spätestens Anfang März, wenn sich die Kandidatenreihen endlich zu lichten beginnen werden, aussichtslose Bewerber wie Christie oder sogar Rubios neuer Lieblingsfeind Bush hinter ihn stellen. Bei den Demokraten stand das Rennen bis in die frühen Morgenstunden auf Messers Schneide. Schließlich kam Hillary Clinton auf 49,8 Prozent, Bernie Sanders lag bei 49,6 Prozent.

Ab nach New Hampshire

Martin O’Malley, der dritte verbliebene Kandidat des demokratischen Lagers, hatte sich noch vor der Ergebnisverkündung aus dem Rennen zurückgezogen.

Bernie Sanders, 74-jähriger Senator aus Vermont und wortgewaltiger Wall-Street-Kritiker, hatte Hillary Clinton einen großen Kampf geliefert und kann mit einem ordentlichen Schub Selbstbewusstsein nach New Hampshire weiterfahren, wo am 9.Februar die ersten Vorwahlen ("Primaries") stattfinden - und wo er in allen Umfragen führt. Das tut dort freilich auf der republikanischen Seite auch Donald Trump. Noch.