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"Die Aufsicht funktioniert nicht"

Von Marina Delcheva

Politik
"Größenwahnsinnige Banker treffen auf die Balkanmafia." So beschreibt Rainer Hable von den Neos das System Hypo im Interview.
© Luiza Puiu

Der Fraktionsführer der Neos im Hypo-U-Ausschuss, Rainer Hable, über Verbrechen im System Hypo, Ratschläge von Stefan Petzner, und warum eine Kärnten-Insolvenz kein Worst-Case-Szenario wäre.


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Wiener Zeitung: Der Hypo-Untersuchungsausschuss läuft seit gut einem Monat. Welche Erkenntnisse konnten Sie bereits gewinnen?Rainer Hable: Die kleinere Einsicht ist, dass die staatliche Aufsicht in dieser Form nicht funktioniert. Die größere Erkenntnis ist, wie das System Hypo funktioniert hat und wie die Milliarden verschwunden sind. Die Frage, die uns hier bewegt, ist: Was haben die Behörden mit diesen Informationen gemacht? Festzustellen ist auf jeden Fall, dass die Staatskommissäre ihre Rolle kleingeredet haben. Sie hatten eine Einspruchspflicht und haben sie nicht wahrgenommen.

Das System Hypo, wie würden Sie das beschreiben?

Größenwahnsinnige Banker treffen auf die Balkanmafia.

Was kann ein politischer Ausschuss noch zutage fördern, was der Rechnungshofbericht, der Griss-Bericht, die CSI-Hypo, die Soko Hypo und etliche Strafverfahren nicht schon ans Licht gebracht haben?

Aus meiner Sicht ist der U-Ausschuss ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Instrument der parlamentarischen Kontrolle. Meine Aufgabe ist es zu bewerten: Haben die staatlichen Behörden, die diese Informationen auf den Tisch bekommen haben, gehandelt oder nicht?

Seit der Ausschuss begonnen hat, wird er von Querelen um anonyme Zeugenlisten und geschwärzte Akten begleitet. Warum ist es so schwer, sich da zu einigen?

Weil das letztlich ein Kampf von Intransparenz versus Transparenz ist. Das hat bei der Frage begonnen, ob es überhaupt einen Hypo-Ausschuss gibt. Das hat beim Beweismittelbeschluss begonnen, wo es Rot und Schwarz nicht sehr recht war, dass wir sehr ins Detail fragen und hineinbohren.

Wer und warum sollte die Aufklärung bremsen?

Wir wissen, wer in diesen Ministerien sitzt, wir wissen, wie die Ministerien und Behörden besetzt und gesteuert werden. Das ist auch bei den Regierungsfraktionen rot und schwarz der Fall. Die vollständige Antwort werden wir hoffentlich am Ende des Ausschusses haben. Am Kreditfall Puris sehen wir, dass die Aufsicht schon 2007 Bescheid wusste - nicht nur von Problemen der Bank, sondern auch von kriminellen Vorgängen in der Bank (Es besteht der Verdacht von illegalen Rückzahlungen an Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, Anm.).

Es fällt auf, dass Sie bei der Befragung gezielt auf einzelne Kreditfälle setzen: Hilltop, Puris . . . Was ist Ihre Strategie dahinter?

Wenn wir das System Hypo nicht an einem konkreten Anlassfall aufzeigen, werden es die Medien und die Öffentlichkeit nicht verstehen. Den Fall Hilltop haben wir bewusst gewählt, weil er alle Elemente dieses Systems in sich vereint.

Das ist dieser 37-Millionen-Euro-Kredit für einen "Ziegenacker", wie Sie ihn nennen, der abgeschrieben werden musste.

Der Fall enthält Kreditvergaben an Unternehmer ohne Bonität, gefälschte Wertgutachten, immer der Umweg über Offshore-Konstruktionen, im Regelfall in Liechtenstein. Hier erkennt man ein Muster. Diese Dinge sind oft so passiert.

Auf der Zeugenliste tauchen prominente Namen auf wie Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin und Ex-BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner. Was erwarten Sie sich von diesen Zeugen?

Wenig.

Ist die Ladung dann nur Show?

So weit würde ich nicht gehen. Aber wir müssten bei der Hypo selbst das machen, was wir bei der Aufsicht gemacht haben, nämlich unten beginnen und uns zu den Entscheidungsträgern hinaufarbeiten.

Warum wir das bei der Bank selbst anders machen und den Tilo Berlin und Wolfgang Kulterer befragen, bevor wir überhaupt das mittlere Management befragt haben, sehe ich nicht ein.

Wären Sie Finanzminister, wie würden Sie mit der Heta, den offenen Forderungen und den horrenden Haftungen verfahren?

Ich hätte in dieser Sache dasselbe gemacht wie der amtierende Finanzminister, die Heta in die Abwicklung zu schicken. Was versäumt wurde und was jetzt fehlt, ist ein Insolvenzrecht für Bundesländer.

Würden Sie Kärnten in die Insolvenz schicken?

Man sollte sich überlegen, ob nicht die Insolvenz das bessere Szenario wäre - nämlich auch für Kärnten und für die Steuerzahler. Es ist vollkommen unbestritten, dass Vermögenswerte, die öffentlichen Interessen dienen, nicht exekutierbar sind. Schulen, Krankenhäuser, all das ist geschützt. Da können die Gläubiger nicht darauf zugreifen. Das heißt, die Gläubiger haben in Wahrheit nicht sehr viel, das sie in Kärnten holen können.

Sie haben mit Christian Böhler, dem Ex-Hypo-Chefforensiker, einen Hypo-Profi an Ihrer Seite. Wie ist die Zusammenarbeit mit ihm?

Er ist ein wichtiges Mitglied des Neos-Hypo-Teams. Er ist für die forensische Aufarbeitung zuständig und hat aufgrund seiner Erfahrung immenses Know-how.

Wie kommentieren Sie die Tatsache, dass gegen ihn wegen Verdachts des Bruchs des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes ermittelt wird?

Es gibt kein Verfahren gegen ihn. Es gibt lediglich eine Anzeige von der Bank selbst. Es soll jemand, der versucht, die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen, mundtot gemacht werden.

Seine Gegner werfen ihm vor, dass er auch an Sie vertrauliche Daten weitergegeben haben soll.

Wir geben grundsätzlich keine Auskunft zu unseren Informanten. Wir bekommen von vielen Leuten Informationen, die aktiv auf uns zukommen. Die Aufgabe von Böhler ist nicht, uns Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern seine Forensik-Expertise.

In welchen Belangen haben Sie Stefan Petzner konsultiert?

Wir sind eine junge Partei und waren noch nie in einem U-Ausschuss, deshalb haben wir uns hier eine Expertise geholt.

Er soll als Zeuge vor dem Ausschuss aussagen.

Das schließt sich nicht aus. Das eine betrifft den Ablauf von U-Ausschüssen und wie man als neue Fraktion damit umgeht. Mit diesen Fragen wird er im Ausschuss nicht konfrontiert.

Rainer Hable ist Fraktionsführer der Neos im Hypo-Untersuchungsausschuss und seit 2013 Abgeordneter zum Nationalrat. Der studierte Jurist ist zudem Neos-Finanzsprecher und Anwalt für EU-Recht und Finanzwesen.