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Die Ausschreitungen in England werden die Regierung viel Geld kosten

Von Alexander U. Mathé

Analysen

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Der britische Premierminister David Cameron kann jetzt schon überlegen, wie er die mit den Ausschreitungen verbundenen Kosten decken wird. Die unmittelbar anfallenden Ausgaben für den außerordentlichen Polizeieinsatz und vom Staat zu begleichende Schäden sind da noch das Wenigste. Primär werden die Folgekosten das größere Problem darstellen.

Die Position Camerons gegenüber der Polizei ist geschwächt. Schon als die Regierung die Kürzungen bei der Polizei ankündigte, wurde gewarnt, dass dann die Sicherheit nicht gewährleistet werden könnte. Jetzt kann die Polizei ihre Befürchtungen nicht nur mit Fakten belegen, sie kann auch drohen, dass es ohne Rücknahme der Kürzungen jederzeit zu einer Wiederholung der Ereignisse kommen könnte. Der Regierung wird da gar keine andere Wahl bleiben, als nachzugeben. Schließlich stehen nächstes Jahr die Olympischen Spiele in London an, und dass sich Sportereignisse nicht mit Aufständen vertragen, hat die Absage der Fußball-Länderspiele in England bereits bewiesen.

Zwar ist das Militär als Alternative geschickt aufs Tapet gebracht worden, doch Ruhe und Ordnung werden nur durch konstante Präsenz aufrechterhalten werden können. Abgesehen von der demokratiepolitischen Bedenklichkeit so einer Aktion: Wer mag ernsthaft denken, dass Truppen ein Jahr lang durch Englands Städte patrouillieren?

Will die Regierung das Problem nachhaltig lösen, wird noch mehr Geld notwendig sein. Denn dann muss in die Problemzonen investiert werden. In manchen Vierteln hat sich so etwas wie ein Staat im Staat gebildet. Viele erachten das Gebiet als ihr Revier, in dem Leute von außen nur geduldet sind. Nicht nur in englischen Städten, auch in Frankreich oder Italien gibt es Zonen, in denen die Polizei keine Autorität hat. Diese Art Autonomie war einer der Hauptgründe für den Gewaltausbruch. Nachdem "Einer der Ihren" von den Anderen - also der Polizei - erschossen wurde, haben die Gangs zum Kampf aufgerufen. Getreu dem Motto: "Wenn Ihr uns angreift, greifen wir Euch an."

Diese Abspaltung kann und darf die Regierung nicht tolerieren. Neben Sicherheitskräften benötigt sie da aber Aufbauprogramme, mit dem Ziel, Perspektivenlosigkeit und soziale Missstände zu beheben. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist seinerzeit hart gegen die Randalierer der Banlieues vorgegangen. Hunderte Menschen wurden verhaftet, viele im Schnellverfahren noch am selben Tag verurteilt und über sie unbedingte Haftstrafen verhängt. Gleichzeitig hat aber Sarkozy mehr als 100 Millionen Euro für die Aufbauarbeit in den Banlieues bereitgestellt.

Bis der gewünschte Effekt eintreten kann, vergehen sicher Jahre, wenn nicht gar Generationen. Doch eines hat Sarkozys Politik schon jetzt bewirkt: Von Ausschreitungen hört man in Frankreich so gut wie nichts mehr.