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Die Bananen-Republikaner

Von Thomas Seifert

Leitartikel

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Die US-Republikaner, genauer die Rechts-außen-Extremisten von der Tea Party, misstrauen dem Staat und der Regierung. Am schönsten wäre für sie ein schlanker Staat, freilich mit einer üppig ausgestatteten Armee. Das Herzstück der Errungenschaften des demokratischen Präsidenten Barack Obama, die Gesundheitsreform, die auf den Namen Affordable Care Act - kurz Obamacare - hört, ist ihnen ein Graus. Für die Tea-Party-Aktivisten ist die Gesundheitsreform eine Katastrophe, mindestens das Ende des freien Marktes, auf jeden Fall Sozialismus oder noch viel, viel Schlimmeres. Bei Obamacare geht es darum, dass jeder Bürger in Zukunft eine Krankenversicherung haben muss. Es sollte ein Markt der Krankenversicherungen entstehen, doch das wurde von Anfang an von den Gegnern torpediert. Die Tea-Party-Aktivisten sind selbstredend auf dem Holzweg, der europäische, staatlich geregelte Gesundheitssektor ist billiger und effizienter: Die Gesundheitskosten betragen in den Vereinigten Staaten satte 17,9 Prozent des Bruttosozialprodukts. In Österreich? 9,0 Prozent. Aber vielleicht werden die US-Bürger von ihrem teuren, privatwirtschaftlich organisierten System besser umsorgt und sind deshalb gesünder und leben länger? Auch nicht: Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt in den USA 79 Jahre, in Österreich 81 Jahre. Die Tea-Party-Fundamentalisten der Republikanischen Partei erzwingen nun den sogenannten "Government Shutdown", um Obamacare in letzter Minute zu Fall zu bringen. 800.000 Staatsbedienstete bekommen kein Gehalt mehr, die Zahlung von Fördergeldern wird eingestellt, Nationalparks sind geschlossen. Die Regierung sperrt schlicht und ergreifend zu. Wahnsinn ist, schreibt der "New York Times"-Kolumnist Joe Nocera, wenn man dasselbe Ding wiederholt und wiederholt, aber ein unterschiedliches Ergebnis erwartet. 1995 zwangen die Republikaner Bill Clinton zum "Abschalten der Regierung". Clinton gewann den Konflikt gegen den damaligen Oppositionsführer Newt Gingrich. Aber vielleicht hoffen die Republikaner auf eine ähnliche Wendung wie 1995, witzeln Polit-Insider in Washington. Als damals die Staatsbediensteten in den Zwangsurlaub geschickt wurden, halfen Praktikanten im Weißen Haus aus. Unter ihnen war auch Monica Lewinsky, mit der Clinton später eine Affäre gestand. Man kann getrost davon ausgehen, dass Barack Obama viel kontrollierter ist, als Clinton es war.