Kleingedrucktes ist oft schon in der Muttersprache nur schwer verständlich. | Zinsverbot im Islam ist kein Thema. | Wien. Im Urlaub Geld beim Bankomaten im Ausland abzuheben ist eine einfache Sache: Der Bankomat fragt nach der Sprache, und man kann ziemlich sicher sein, dass alles nach Wunsch funktioniert. Nicht ganz so sicher fühlen sich Menschen, die zwar bei uns leben, für die Deutsch aber alles andere als eine geläufige Fremdsprache ist und die von einer Bank mehr brauchen als nur die Bankomatfunktion.
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Etwa einen Kredit für das Haus in der Heimat oder für ein Auto oder die Frage nach einer günstigen Sparform. Englisch wäre in einer Bank kaum ein Problem, aber Serbisch, Kroatisch oder gar Türkisch eher schon.
Diese Menschen haben vor allem Erste Bank und Raiffeisen als Privatkunden entdeckt, die es besonders zu betreuen gilt. "Es ist schon wichtig, dass zum Beispiel Passagen in einem Kreditvertrag von der Betreuerin oder dem Betreuer in der Muttersprache erklärt werden", sagen die Banker. Die Zahl der Kunden mit Migrationshintergrund ist beachtlich geworden: Die Bevölkerungsstatistik weist für Wien knapp 514.000 Menschen mit Geburtsland jenseits der rot-weiß-roten Grenzbalken auf, das sind ziemlich genau 30 Prozent. Die meisten kommen aus Ex-Jugoslawien, es sind vor allem Serben und Bosnier, die zweitgrößte Gruppe kommt aus der Türkei.
"Migranten sind ein Teil unserer Gesellschaft, als Finanzdienstleister müssen wir auch dieses Kundensegment abdecken", sagt Peter Bosek, als Vorstand in der Erste Bank zuständig für Vertrieb und Filialen, und: "Sprache ist der Schlüssel zur Vertrauensbildung." Georg Kraft-Kinz, Vorstand in der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien und Obmann des Vereines "Wirtschaft für Integration" bestätigt, dass Sprache wichtig ist, aber "wir wollen auch verstehen, wie sich diese Kunden verhalten und wie der kulturelle Hintergrund aussieht."
Unter dem Schlagwort Ethnobanking wurden und werden nicht nur Kundenbetreuer eingestellt und ausgebildet, deren Muttersprache Serbisch, Kroatisch oder Türkisch ist. Die Marketingabteilungen haben auch die besonderen Bedürfnisse dieser Kunden und deren Umgang mit dem Geld erhoben.
Überweisungen ins Ausland, Konsumkredite und sehr konservatives Anlageverhalten sind die Hauptmerkmale der Kunden aus dem Südosten. Erste Bank und Raiffeisen bieten für Überweisungen nach Ex-Jugoslawien und in die Türkei günstige Gebühren an. Dabei hat sich herausgestellt, so Peter Bosek, dass gerade nach Serbien oder Bosnien sehr gern Geld in bar mitgenommen wird. "Die Überweisungen sind sehr zäh angelaufen", sagt Bosek.
GegenseitigeVerantwortung
Und zu den Krediten: Serben zum Beispiel neigen weniger zur Vorsorge, eher zum schnellen Konsum, aber, so Bosek: "Die Bonität unterscheidet sich überhaupt nicht von der der österreichischen Kunden." Er hebt, ebenso wie sein Kollege Kraft-Kinz von Raiffeisen, die besonders engen Familienbande hervor, eine gegenseitige Verantwortung werde da wahrgenommen, wie sie unter Westeuropäern nicht mehr üblich sei. Auch das als positives Merkmal bei der Bonitätseinstufung.
Eine besondere Spielart der Konsumkredite sind Hochzeitskredite für türkische Kunden. Zu Hochzeiten werden oft hunderte Gäste eingeladen. Dass sich aber Familien da für lange Zeit aus Prestigegründen verschulden, stimmt nicht, sagen die Banker. "Hochzeitskredite sind sehr kurzfristige Geschäfte, denn von den zahlreichen Gästen bringen viele Geldgeschenke mit, sodass sich so eine orientalische Hochzeit so gut wie selbst finanziert", berichtet Georg Kraft-Kinz.
Stichwort Islam: Der Fastenmonat Ramadan wird sehr ernst genommen, und man muss verstehen, dass die Menschen tagsüber sehr angespannt sind, wenn sie nichts essen und nichts trinken, meint Kraft-Kinz. Er und seine Bank haben daher zum "Fastenbrechen" nach Sonnenuntergang einmal 200 türkische Kunden eingeladen. "Es war ein großer Erfolg", sagt Kraft-Kinz. Und das Zinsverbot im Islam? Kein Thema, so unisono Bosek und Kraft-Kinz, die Kunden stellen so gut wie keine Fragen in diese Richtung.
Die Bank Austria betont ebenfalls die mehrsprachige Betreuung von Kunden, mit schriftlichen Unterlagen ebenso wie in der Beratung, stellt aber die Zielgruppe der Kunden aus Ex-Jugoslawien und der Türkei nicht so sehr in den Vordergrund. Die International Community von UNO-Beamten und Diplomaten wird in einer eigenen Wiener Stadtdirektion betreut, mit 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 120 Ländern in 17 Sprachen, teilt die Bank Austria mit.
"Schade, dass sie so lange gebraucht haben"
Und was sagt die türkische Vakif-Bank in Wien zu der Marketingoffensive der österreichischen Banken? "Schade, dass sie so lange gebraucht haben", sagt Vakif-Sprecher Murat Türktekin. Eine große Konkurrenz sei das nicht. Denn Kredite biete die Vakif-Bank in Österreich nicht an. Und bei den Überweisungen verweist Türtekin auf das dichte Filialnetz seiner Bank in seinem Land, ein beachtlicher Wettbewerbsvorteil, wie er betont.