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Die Banken fallen wie Blätter von den Bäumen - und werden aufgefangen

Von Stefan Melichar

Analysen

Die internationale Finanzkrise sorgt für einen heißen Herbst: Innerhalb weniger Stunden mussten am Montag der deutsche Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate, die britische Hypothekenbank Bradford & Bingley sowie der belgisch-niederländische Finanzriese Fortis durch die jeweiligen Staaten vor dem Zusammenbruch gerettet werden. Dass nun auch in Europa die Banken wie Blätter von den Bäumen fallen, lässt die Frage aufkommen, welchem Finanzinstitut als Nächstes die Stunde schlagen könnte. | Als besonders gefährdet gelten bei vielen Experten Banken aus Ländern, in denen in jüngerer Vergangenheit eine Immobilienblase geplatzt ist. Großbritanniens Finanzsektor hat etwa bereits einiges an Blutzoll gezahlt: Abgesehen von Bradford & Bingley musste schon vor Monaten der Hypothekenfinanzierer Northern Rock verstaatlicht werden. Die Halifax Bank of Scotland konnte vor kurzem nur durch einen Notverkauf gerettet werden.


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Laut Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Zentralbank, ist aber auch in Südeuropa "noch nicht aller Tage Abend". Vor allem in Spanien könnte sich die dortige Immobilienkrise auf die Bankenbranche durchschlagen.

Fortis hingegen stellt eher einen Sonderfall dar: Neben Milliardenabschreibungen wegen der Finanzkrise hat das Institut laut Brezinschek die Übernahme von Teilen seines ehemaligen Rivalen ABN Amro nicht verdauen können.

Nachdenklich stimmen sollte aber der Niedergang von Hypo Real Estate: Der Münchner Immobilienfinanzierer ist durch Liquiditätsengpässe bei seiner Tochter Depfa, die Staatsfinanzierungen vornimmt, in die Bredouille geraten. Dass auch der französisch-belgische Staatsfinanzierer Dexia Schwierigkeiten hat, könnte auf grundlegende Probleme in diesem Geschäftsfeld hindeuten.

Warum derzeit fast täglich Banken zusammenbrechen, begründet Erste-Bank-Analyst Günther Artner damit, dass die Institute alle miteinander verbandelt seien. Dadurch komme es zu einem Dominoeffekt. Darüber hinaus sei mittlerweile der Druck auf Banken gewachsen, "Farbe zu bekennen" und Belastungen aus der Krise offenzulegen. Hans Engel, ebenfalls von der Erste Bank, führt das tatsächlich auf die Jahreszeit zurück: Je näher das Jahresende rückt, umso klarer sei, wie die Bilanz aussehen wird. Deshalb würden Firmen gerade im Herbst dazu neigen, in Krisen zu schlittern.

Wer nun Angst hat, seine Ersparnisse im Safe einer Bank überwintern zu lassen, sollte sich jedoch eines vor Augen führen: Einerseits dienen die umfassenden Auffangmaßnahmen europäischer Staaten nicht zuletzt der Sicherung von Spareinlagen. Andererseits wissen die Institute um den Wert der Einlagen als Refinanzierungsquelle - was nicht zuletzt den Zinsen gut tun dürfte.