Premiere: Erstmals seit 2000 Angelobung ohne Proteste. | Studenten und Gewerkschaften zahm. | Wien. Typisches Herbstwetter wird den Himmel prägen, unter dem Werner Faymann und Josef Pröll samt ihren Regierungsteams am Dienstagmorgen über den Ballhausplatz spazieren. Auf dem Terminkalender ist für 9.30 Uhr ihre Angelobung bei Bundespräsident Heinz Fischer notiert. Ist dem neuen Sunnyboy-Duo der österreichischen Innenpolitik sogar ihr sprichwörtliches Glück hold, könnte für diesen kurzen Moment sogar die Sonne lächeln. Zumindest schließt die Wettervorhersage diese Möglichkeit nicht völlig aus. | Die Regierung
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Keine Sorgen müssen sich die Neuen machen, dass wütende Demonstrationen die Parade unter Blitzlichtgewitter vom Kanzleramt in die vis-à-vis gelegene Hofburg stören: Erstmals seit dem mittlerweile legendären 4. Februar 2000, als gegen der Angelobung von Schwarz-Blau Massen demonstrierten, die Regierung sogar unterirdisch zur Angelobung schreiten musste, ist dieses Mal der symbolträchtige Ballhausplatz störungsfrei zu queren. Sowohl bei der Neuauflage von Schwarz-Blau 2002 als auch bei der Angelobung der rot-schwarzen Vorgängerregierung unter Alfred Gusenbauer 2006 trübten Proteste die Feierstunde.
Nicht einmal eine kleine politische Splittergruppe oder Interessensgemeinschaft hat für Dienstag zu Protestmaßnahmen aufgerufen, auch Demonstrationen sind keine angemeldet. Zwar können unangemeldete Demostrationen nie gänzlich ausgeschlossen werden, aber selbst in der Pressestelle der Wiener Polizeidirektion, wird nicht mit spontanen Missfallenkundgebungen gegen Faymann und Pröll gerechnet.
Der VSStÖ, der Verband Sozialistischer StudentInnen, war in den letzten Jahren stets ganz vorne mit dabei, wenn es galt, gegen die Regierung auf die Barrikaden zu gehen - das musste der schwarze Kanzler Schüssel ebenso akzeptieren wie der rote Alfred Gusenbauer. Faymann bleibt das erspart.
Als politischen Persilschein will das Maria Maltschnig, Bundesvorsitzende des VSStÖ, jedoch nicht interpretiert wissen: "Beim letzten Mal, 2006, gab es das gebrochene Versprechen von der Abschaffung der Studiengebühren, im neuen Regierungsprogramm steht dagegen so wenig Konkretes, dass man es nicht einmal festmachen kann, es fehlen die konkreten Anknüpfungspunkte", erklärt Maltschnig gegenüber der "Wiener Zeitung".
Immerhin sei zumindest die Gesprächsbasis zu Faymann intakt, mit Gusenbauer blieb diese bis heute irreparabel beschädigt. Sollte es jedoch unter der neuen Regierung zu einer weiteren Verschärfung des Fremdenrechts oder neuerlich zu Rückschritten in der Bildungspolitik kommen, werde man jederzeit wieder auf die Barrikaden gehen, so Maltschnig.
Mehr Grund als die Studenten - immerhin wurden die ungeliebten Studiengebühren noch kurz vor der Wahl abgeschafft - hätten diesmal Beschäftigte von teilstaatlichen Unternehmen wie Post und AUA Grund zu demonstrieren, droht diesen doch ein schmerzhafter Personalabbau. Aber nicht einmal hier haben sich die ansonsten durchaus kampfeslustigen Personalvertreter die heutige Angelobung rot im Kalender angestrichen. Vielleicht ein kleines Dankeschön an Faymann für die Rückkehr der Gewerkschaft in die Regierung.
Nach der feierlichen Angelobung in der Hofburg geht es für die frisch gebackene Regierung wieder zurück über den Ballhausplatz ins Bundeskanzleramt, wo Faymann seinen ersten Ministerrat leiten wird. Ab Mittag finden dann in den diversen Ministerien die Amtsübergaben statt.
Ganz komplett ist die neue Mannschaft übrigens noch nicht: Claudia Bandion-Ortner, Justizministerin auf ÖVP-Ticket, wird zu einem späteren Zeitpunkt angelobt. Ein grippaler Infekt und die Fertigstellung der Bawag-Urteile stehen im Weg, derweil übernimmt Wissenschaftsminister Johannes Hahn die Justiz-Agenden.
Am Mittwoch steht im Parlament die Regierungserklärung auf dem Programm.