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Die ETA wird genau so scheitern wie die deutsche Baader-Meinhof-Bande und deren Nachfolge-Generationen: Revolutionärer Anspruch degeneriert zu gemeiner Kriminalität.
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Sechs Tote und 39 Verletzte bei einem Verkehrsunglück an der spanischen Costa Brava regen (leider) nicht auf, das ist die Welt (leider) gewohnt. Zwei Tote und etwa 20 Verletzte bei einem Terroranschlag auf Mallorca lösen Chaos aus, denn Terror schlägt überraschend und mit dem Ziel zu, maximalen Schrecken zu verbreiten und bedrohliche Stärke zu simulieren.
Diese Schreckwirkung vernebelt die Tatsache, dass Terrorismus seit jeher die Waffe der Schwachen und deshalb nach dem Urteil Mao Zedongs, des bedeutendsten aller Guerillaführer, blutiges Abenteurertum ist. Maos ebenso brillante wie erfolgreiche Revolutionstheorie: Voraussetzung ist die "Kristallisation" einer Bevölkerung um eine "Parole", die den Menschen die Lösbarkeit ihres Elends klar macht.
Es folgt die "Organisation" der Menschen durch eine politische Untergrundorganisation. Erst dann ist die "Militarisierung" möglich - nämlich die planmäßige Steigerung von Terrorakten über Guerillatrupps bis zur Bildung eines "Volksheeres". "Dann werden die Mächtigen im Volksmeer ersäuft."
Die baskische Separatistenorganisation ETA schaffte es in 50 Jahren nur zu selektivem Terror, der an die 840 Opfer forderte. Ihre ersten Ziele waren hohe Militärs und spektakuläre Anschläge zumal an der Costa del Sol, um den Tourismus abzuwürgen. Damit bewies der ETA-Terror zwar, dass er die politische Prominenz herausschießen und die Ordnungsmacht anscheinend niemanden vor Anschlägen schützen kann.
Doch es gelang der ETA nicht, die "Massen" in ein "Meer" von Sympathisanten zu verwandeln, in dem - nach Maos berühmtem Wort - der Revolutionär "wie ein Fisch untertauchen kann". Deshalb scheiterte auch Ché Guevara mit seinen revolutionären Abenteuern in Afrika und Bolivien: Ihm glückte nicht einmal die "Kristallisation". Seine abenteuerliche Theorie: Es brauche keine "revolutionäre Stimmung, ein Aufstand schafft sie".
Lenins Faustregelwird missachtet
Guevara und die ETA-Terroristen missachteten exemplarisch Lenins erfolgreiche Faustregel: Revolution gelinge erst, "wenn die oben nicht mehr können, wie sie wollen, und die unten nicht mehr tun, wie sie sollen".
Die ETA hat noch ein Problem. Seit dem Jahr 2003 greift sie vorwiegend die Polizei an, um sie zu demoralisieren. Doch die in Terrorabwehr effiziente Polizei schnappt einen ETA-Häuptling nach dem anderen, weil der ETA innere Feinde zusetzen: Denunzianten, die natürlich geheim bleiben. Die ETA weiß also nicht, wann ein Denunziant überraschend zuschlägt und damit die psychologische Waffe des Terrors gegen die Terroristen anwendet. Das macht die ETA-Terroristen beinahe so verwundbar wie deren potenzielle Opfer.
Offensichtlich rekrutiert die ETA noch immer genug Nachwuchs, weshalb Spaniens Ordnungsmacht und Tourismuszentren weiterhin gefährdet bleiben. Aber mit ihrem strategisch-fanatischen Abenteurertum wird die ETA genau so scheitern wie die deutsche Baader-Meinhof-Bande und deren Nachfolge-Generationen: Revolutionärer Anspruch degeneriert zu gemeiner Kriminalität.