Das Vertrauen in die Corona-Maßnahmen und die Bereitschaft zur Mitwirkung sinkt. Dagegen hilft nur Transparenz.
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Das Infektionsgeschehen in Oberösterreich hat sich etwas beruhigt. Am Freitag kamen zwar 36 positive Fälle hinzu und aktuell hält das Bundesland bei 482 aktiv Infizierten, doch trotz deutlich intensivierter Testungen ist die tägliche Zunahme rückläufig. Die Lage bleibt heikel, hat sich aber stabilisiert. In Niederösterreich und Kärnten ist die Zahl der Infizierten sogar leicht gesunken.
Dennoch hat Kärnten einige sehr lokale Verschärfungen vorgenommen, Masken müssen abends auf den Promeniermeilen des Wörthersees getragen werden sowie auf Märkten in Klagenfurt. Warum und wieso, geht aus der Presseaussendung der Stadt nicht hervor. Genau diese Transparenz wird in den kommenden Monaten wichtig werden. Zumindest wichtiger als beim Lockdown, als die Situation ganz neu war und sehr schnell ins Bedrohliche kippte.
In Oberösterreich haben die Gesundheitsbehörden bereits die Erfahrung von fehlender Kooperation machen müssen, in Einzelfällen wurde die verhängte Quarantäne nicht eingehalten. In Linz musste deshalb sogar eine Lounge-Bar behördlich geschlossen werden. Die Regierung wird auch nicht müde zu betonen, dass sie eine gewisse Corona-Müdigkeit wahrnimmt.
Forscher des "Center for Social & Health Innovation" der privaten Hochschule MCI in Innsbruck haben dies in einer Befragung nun auch nachgewiesen. Sie haben im Juni eine bereits im April befragte Gruppe zu ihrem Verhalten und den Maßnahmen der Regierung erneut befragt. Die größte Abweichung bei den Hygieneregeln fand sich beim Abstandhalten, der Effekt war jedoch nicht groß. Bei Fragen zu den sozialen Kontakten zeigt sich ein deutlicheres Bild, jedoch waren zum Zeitpunkt der Umfrage Anfang Juni bereits viele Lockerungen in Kraft, im April waren Sozialkontakte auch behördlich weiter eingeschränkt.
Etwas weniger Vertrauen
Veränderungen zeigten sich aber auch bei der Beurteilung der Regierungsarbeit, die zwar nach wie vor Unterstützung findet, nunmehr aber mit einer wahrnehmbaren Verschiebung in Richtung einer geringeren Zustimmung.
"Das Vertrauen ist hoch, aber es hat Schaden genommen", sagt Studienleiter Raffael Heiss, der als Grund etwa nennt, dass sich einige Maßnahmen als nicht verfassungskonform herausstellten. Im März und April folgte die Bevölkerung der Regierung recht widerspruchslos. Das war auch für die Mitwirkung der Menschen und damit das Funktionieren der Maßnahmen wichtig. "Das wird aber wohl nicht wieder so funktionieren", sagt Heiss.
Gerade in der heiklen Zwischenphase an der Schwelle zur zweiten Welle ist die Antwort der Bevölkerung auf das politische Handeln heterogener. Eines hat die Politik schon gelernt. Sie testet nun auch verstärkt asymptomatische Personen mit direkten Kontakten zu Infizierten. Diese wurden bisher nur unter Quarantäne gestellt. Ohne Test. Die allermeisten werden sich gar nicht infiziert haben, sie waren gesund, und offenbar hielten es dann nicht alle daheim zwei Wochen aus. In Serbien hat eine verhängte Ausgangssperre aufgrund steigender Fallzahlen derzeit Proteste zufolge. Laut Heiss braucht es einen "stärker von Verstand und Rationalität getragenen Diskurs", wie er sagt, also mehr Erklärungen, mehr Transparenz.
Das Gesundheitsministerium will unter anderem dies mit der Einführung der "Corona-Ampel" gewährleisten analog zum Lawinenwarnsystem. Greifbares gibt es dazu aber noch nicht, es wird erst entwickelt. Jedenfalls soll eine noch einzurichtende Kommission eine auf mehrere Faktoren beruhende Einschätzung der Lage treffen. Und zwar für alle Bezirke.
Die Bundesländer, die am Donnerstag davon in Kenntnis gesetzt wurden, geben sich über die Informationspolitik der Regierung etwas indigniert. Sie wären gerne mehr eingebunden gewesen, ein Papier erhielten sie nicht. Auch innerhalb der Verwaltung gibt es offenbar in Sachen Transparenz noch Luft nach oben.