Markt im deutschsprachigen Raum wächst zweistellig. | Berater müssen mit Fachwissen punkten. | "Wiener Zeitung":Unternehmensberatungen sind besonders für große Unternehmen attraktiv. Klein- und Mittelunternehmen können oder wollen sich das nicht leisten?
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Markus Kaiser: Tendenziell ist der Bedarf bei großen Unternehmen aufgrund ihrer internationalen Ausrichtung und höheren Komplexität häufiger zu finden.
Mittelständische oder kleine Unternehmen haben ebenfalls Beratungsbedarf, allerdings mit anderen meist ausschließlich operativen Zielrichtungen.
Es liegt also nicht nur an den Kosten?Kaiser: Die Kostenfrage ist sicher maßgeblich, aber nicht ausschlaggebend.
Wann wendet man sich an einen Unternehmensberater?Kaiser: Es ist vernünftig, einen Unternehmensberater insbesondere dann beizuziehen, wenn Bedarf für Krisenmanagement, Restrukturierungen und Reorganisationen besteht. Ein anderes Themenfeld ist die Strategieberatung - ob man etwa nach Russland geht oder welche langfristigen Investitionen man macht. Die typische Strategieberatung läuft in einem Zeitraum von ein bis drei Jahren im Vorfeld, wohingegen Kostensenkungs-Projekte oder Reorganisationen vor allem Anlassfall-spezifisch passieren.
In beiden Fällen ist es sinnvoll, einen Berater in Anspruch zu nehmen?Kaiser: Berater können einen maßgeblichen Mehrwert bringen - sei es nur, indem sie den Finger auf wunde Punkte halten. Bei solchen Fragestellungen ist die interne Organisation oft ungeeignet, weil niemand gerne am eigenen Ast sägt.
Brauchen nur schlechte Unternehmen einen Berater?Kaiser: Das glaube ich gar nicht. Gerade in den großen gut funktionierenden Unternehmen sind fast überall Berater tätig.
Was sind die Vorzüge eines externen Beraters?Kaiser: Man hat den Vorteil, dass man sehr kompakt und sehr kurzfristig Impulse bekommt, die das Unternehmen massiv weiterbringen. Wenn man einen Berater hinzu zieht, erwartet man, dass einem dieser Dinge sagt, die man noch nicht weiß: Was machen die Besten am Markt? Wer sind die Besten am Markt? Was ist das Erfolgsmodell, das diese Unternehmen anwenden?
Gibt es Fälle, bei denen ein Berater von außen fehl am Platz ist?Kaiser: Der Berater ist ein Externer, der über eine gewisse Zeit im Unternehmen sein wird und auch nur sein darf. Sehr häufig ist der Berater sehr lange im Unternehmen tätig und übernimmt Tätigkeiten des täglichen Geschäfts - das mag für den Berater finanziell zwar interessant sein, ist aber insgesamt nicht zielführend. Das ist für das Unternehmen enorm aufwendig.
Woran kann man Erfolg und Misserfolg eines Beraters messen?Kaiser: Der Berater hat typischerweise die Impulsgeber-Funktion, hat aber in den meisten Fällen nicht die Ausführungs-Verantwortung. Die Realisierung selbst macht der Kunde. Das beste Konzept kann natürlich auch in der Umsetzung kaputt gemacht werden oder nicht umsetzbar sein. Insofern ist es sehr schwer, den Erfolg des Beraters in rein Finanziellem zu messen.
Andreas Landgrebe: Bei der Suche nach Führungskräften gibt es ganz klare Messgrößen. In der Regel werden die Verweildauer eines Managers, aber noch viel mehr das, was er im Unternehmen und für das Unternehmen bewegt hat, als Kriterien herangezogen.
Was macht nun einen guten Berater aus?Kaiser: Wenn man sich anschaut, wie eine Unternehmensberatung heutzutage aufgestellt ist, dann sind das nicht irgendwelche Leute, die nur klug sind, sondern Leute, die über Jahre hinweg in einer gewissen Branche oder in einem gewissen Fachbereich gearbeitet haben. Da gibt es den Automotive-Spezialisten, den Chemie-Spezialisten, den Banken-Spezialisten. Diese Strukturierung führt dazu, dass dem Kunden die Sichtweise auf die Probleme einer Branche und die Know-how-Führerschaft ordentlich vermittelt werden können.
So einem Menschen traut man zu, dass er die Fragestellungen kennt - dem muss man nichts mehr erklären.
Die Anforderung an Berater ist, ein spezifisches Branchen-Wissen zu haben?Kaiser: Absolut. Der Kunde will nicht nur über ein Problem reden, sondern erwartet vom Berater einen Partner, der den Markt kennt und dessen Sichtweise einen Mehrwert darstellt.
Es wird also viel mehr vorausgesetzt.Landgrebe: So ist es. Know-how über die Branche - nicht nur, dass man weiß, wie die Branche funktioniert, sondern auch, wer sich dort bewegt und wie viel verdient - gehört neben Vertraulichkeit zu den Top drei Kriterien, um einen Executive Search-Berater auszuwählen.
Was sind die übrigen Kriterien?Landgrebe: Priorität eins ist, dass der Kunde weiß, dass mit dem Mandat vertraulich umgegangen wird. Danach kommt schon, dass sich der Berater in der Industrie auskennen muss. Was aber genau so wichtig ist, ist das Know-how über den Markt, über die Insiderinformation: Wer sind die richtigen Leute? Wo liegen die Gehaltsniveaus?
Was hat die Ostöffnung für Auswirkungen auf das Beratungs-Geschäft?Kaiser: Viele Unternehmen, die in den Ostländern investieren, müssen erstens einmal investieren und dann die Strukturen sicherstellen. Der Bedarf an Unternehmens-Beratern ist enorm groß. Man braucht Leute, die in Westeuropa tätig waren - die muss man nach Osteuropa bringen. Der Beratungsmarkt in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist im letzten Jahr im Schnitt um elf Prozent gewachsen.
Das liegt vor allem an der Ostöffnung?Kaiser: Es gibt zwei typische Szenarien, in denen Berater jetzt gebraucht werden: Das eine ist in hochinvestiven Ländern wie zum Beispiel Russland. Dort gibt es die Pionierphase, dort muss man sich mit Mergers and Acquisitions, mit Strukturbereinigungen und Restrukturierungen beschäftigen. Daneben gibt es einen zweiten Typus bei den Ostländern, die sehr stark schon in der westlichen Denke sind - zum Beispiel Ungarn oder Polen. Dort muss sich ein Berater mit typischen Fragen der Kostensenkung, Kostengestaltung oder Effizienzsteigerung beschäftigen.
Zur Person:
Seit Februar ist Markus Kaiser Geschäftsführer und Managing Partner von Ray & Berndtson Österreich und Zentral- und Osteuropa, einem internationalen Executive-Search-Unternehmen. Zuvor war er Österreich-Geschäftsführer der Strategie-Beratung Horváth & Partners.
Andreas Landgrebe ist Ray & Berndtson-Geschäftsführer für Österreich, Osteuropa und Russland.