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Die Betroffenheit hat wieder Saison

Von H.C. Strache

Gastkommentare

Das Begräbnis jenes 14-jährigen Einbrechers, vor rund einer Woche von der Polizei erschossen, wurde zu einer Demonstration der offen zur Schau gestellten Betroffenheit. Selbstverständlich handelt es sich dabei um eine Tragödie. Eine Mutter hat ihren Sohn verloren, viele junge Menschen einen Freund - sein Leben wurde ausgelöscht! Wie sich die Familie des Toten fühlt, kann man nur erahnen. Und doch darf man bei allem Schmerz nicht vergessen: Hier hat ein Täter - wenn auch ein sehr junger - sein Leben bei einem Einbruch verloren.


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Natürlich steht auf Einbruch nicht die Todesstrafe! Diese ist in Europa geächtet, und das ist auch gut so. Und doch muss auch von einem 14-Jährigen erwartet werden können, dass er sich des Risikos seiner Handlungen bewusst ist.

Die Polizei hat sich in diesem Fall nichts vorzuwerfen. In den Nachtstunden vermummte Gestalten auszumachen und dabei - wie es jetzt von den Beamten nachträglich gefordert wird - gefälligst zu erkennen, dass es sich um Minderjährige handelt, gehört wohl nicht zu den Routinearbeiten unserer Exekutive. Daran ändern auch die schnell organisierten Demonstrationen nichts, die aus der bekannten politischen Ecke kommen. Von Kindermördern ist da die Rede, von schießwütigen Beamten und so weiter.

Während so mancher Kommentator an gutmenschlichen Tränen zu ersticken droht, fragt jedoch kaum einer, wie es den betroffenen Polizisten geht. Wie muss sich ein Exekutivbeamter fühlen, wenn er seinen Beruf ausübt und am nächsten Tag Land auf, Land ab als Verbrecher beschimpft wird? Wo ist hier eigentlich die "Betroffenheit" der Gutmenschen?

Die Reaktion der Mutter ist menschlich verständlich - doch auch sie muss sich die Frage gefallen lassen, warum ihr Sohn um diese Uhrzeit nicht zu Hause im Bett liegt, sondern mit irgendwelchem "Gelichter" um die Häuser zieht.

Unsere Polizei ist nicht schießwütig, unsere Polizei ist personell chronisch unterbesetzt. Seit Monaten schreit gerade die Kanzlerpartei nach mehr Polizei auf Österreichs Straßen. Seit Monaten schnellen die Einbruchszahlen gerade in Ostösterreich in die Höhe, und seit Monaten werden unsere Polizisten für das sprunghafte Ansteigen eben dieser Kriminalitätsentwicklung unterschwellig verantwortlich gemacht. Genau jene, die sich jetzt mit Betroffenheitsminen in der Öffentlichkeit sonnen, sind in Wahrheit die Verantwortlichen für die Misere bei der Polizei.

Diese Verlogenheit ist unerträglich - und diese Verlogenheit wird wohl auch wenig dazu beitragen, dass unsere Polizeibeamten jene Motivation wiederfinden, die derzeit so wichtig wäre!

Heinz-Christian Strache ist Klubobmann der FPÖ.