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Die bitteren Pillen des römischen Arztes

Von Edwin Baumgartner

Wissen

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Pozzino. Das Pech eines Arztes der Antike erweist sich als Glücksfall für die Wissenschaft von heute: Das Schiff, mit dem der Medicus reiste, sank um 130 v. Chr. an der Küste von Pozzino (Toscana). In dem Wrack fanden sich weitgehend intakte Medikamentenbehälter aus Zinn - mit der ebenfalls intakten Arznei.

Insgesamt bestehen die Tabletten aus 80 Prozent anorganischem Material, 75 Prozent des anorganischen Materials sind Zinkverbindungen. Was der Arzt verabreichte, dürfte also ein Medikament für die Augen gewesen sein. Zinkverbindungen wie die in den Pillen gefundenen natürlich vorkommenden Minerale Hydrozinkit und Smithsonit nennt der römische Naturkundler Plinius der Ältere nämlich im Zusammenhang mit Arzneimitteln für Haut und Augen.

Darüber hinaus gibt es auch noch einen sprachlichen Hinweis: Das lateinische Wort für Augenwasser ist "collyrium". Dieses Wort leitet sich von einem griechischen Wort für "kleine runde Tabletten" ab - und tatsächlich sind die nun gefundenen Pillen klein und rund.

Neben den Zinkverbindungen enthalten die Tabletten tierische und pflanzliche Fette sowie Pinienharz. Die pflanzlichen Fette könnten von "omphacium", dem Öl unreifer Oliven, stammen. Das Harz diente als Konservierungsmittel, um ein Ranzigwerden des Produkts zu verhindern.

Neu sind den Forschern weitere Bestandteile, als da wären Bienenwachs samt zahlreicher Pollen, Holzkohle und Flachsfasern, deren Verwendung in Tabletten der römischen Antike bisher nicht bekannt war.