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Die blinde Gier nach höheren Zinsen

Von Dieter Friedl

Wirtschaft

Versicherungsverband übt Kritik. | Wiener Städtische ist Branchen-Sieger im Jahr 2007. | Wien. Interessante Aspekte zeigt der scheidende Präsident des Versicherungsverbandes (VVO), Herbert Fichta, anlässlich der Vorlage der endgültigen Zahlen seiner Branche für 2007 auf. Seiner Meinung nach ist der Preiskampf im Bereich der Kfz-Versicherung nach wie vor groß. Der Tiefpunkt sei noch nicht erreicht, daher würden auch die Prämieneinnahmen im laufenden Jahr um rund ein Prozent zurückgehen.


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Auch im Bereich der Lebensversicherung sieht er eine Fehlentwicklung, weil die Branche sich voll auf den Verkauf von fondsgebundenen Lebensversicherungen stürze, was die falsche Richtung sei. Bei der klassischen Lebensversicherung, die seit Jahrzehnten angeboten werde, kann die Kundschaft von langfristig gesicherten Zahlungen ausgehen, das Risiko liege somit bei der Versicherung. Bei der "Fondsgebundenen" liege dagegen das komplette Risiko beim Versicherten. Die Versicherung kann sich zurücklehnen und hat den Vorteil, dieses Geschäft nicht mit Eigenkapital unterlegen zu müssen. "Die Attraktivität der klassischen Lebensversicherung hat stark abgenommen, die Österreicher sehen nur die Möglichkeit einer höheren Verzinsung und sind bereit weit höhere Risiken einzugehen", meint Fichta.

Was die sogenannte Subprime-Krise betrifft, hätten die österreichischen Versicherungen einen extremen Hang zur konservativen Veranlagung. Von den gesamten Kapitalanlagen in Höhe von 71 Mrd. Euro entfallen nur 2 Mrd. auf schlecht besicherte Hypothekenpapiere. Das sind rund 2,5 Prozent. Davon ist außerdem der größte Teil nur von einer Versicherung (Uniqa, Anm.) gezeichnet. Generell betrage die Aktienquote der Branche lediglich rund 10 Prozent.

Wünsche an Politik

An die Politik richtet der VVO erneut die bereits des öfteren präsentierten Wünsche, wie die Abschaffung der elf prozentigen Besteuerung für Lebensversicherungen mit einer Laufzeit von bis zu 10 Jahren, eine Ausweitung der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge, etwa in Richtung Pflege, Einmalerlag und Reduktion des Aktienanteils. Außerdem sollte es endlich die Möglichkeit geben, von den Pensionskassen in die betriebliche Kollektivversicherung zu wechseln. Was die Branchendaten betrifft, wurden jene Zahlen bestätigt, die man bereits im Februar für 2007 präsentiert hat, nämlich ein Prämienwachstum von 1,9 Prozent, wobei das Lebensgeschäft nur auf plus 0,3 Prozent, der Schaden/Unfallbereich auf ein Plus von 3,1 Prozent und der Bereich Krankenversicherung auf einen Zuwachs von 3,2 Prozent kam.

Branchen-Sieger ist die Wiener Städtische, die sich nun stolz Vienna Insurance Group nennen möchte. Auch im Vorjahr hat die Städtische wieder ihre Konkurrenten in die Schranken gewiesen. Die Nummer zwei am heimischen Markt, die Uniqa hat eine leichte Verschnaufpause eingelegt. Die Generali versucht verlorenes Terrain wieder aufzuholen, was ziemlich mühsam scheint. Die Wiener Allianz verliert dagegen nach wie vor in der Schadenversicherung an Boden und bleibt immer mehr zurück.

Viele Sondereffekte

Um an neue Kunden heranzukommen ist man ins Direktbankgeschäft eingestiegen. Die Allianz zahlt besonders hohe Zinsen im Vergleich zur Konkurrenz und betont, dabei nichts verdienen zu wollen. Es gehe darum, neue Kontakte zu knüpfen, aus denen unter Umständen einmal ein Versicherungsgeschäft entstehen könnte.

Österreichs Versicherer haben auch im Vorjahr ausgezeichnet verdient, wobei es bei Uniqa und Generali durch Sondereffekte zu Verzerrungen kommt. Waren es 2006 die Immobilienverkäufe der Allianz, die die Bilanzzahlen verzerrten, so war es im Vorjahr bei der Uniqa der Verkauf eines Aktienpakets der Baufirma Strabag. Das spülte 240 Mio. Euro in die Kassa und ließ die Gewinnzahlen in die Höhe schnellen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in Höhe von 340 Mio. Euro wurde dadurch um 170 Mio. geschönt. Ohne dieses Geld hätte man wohl das Vorjahresergebnis nicht erreicht. Aus den Strabag-Millionen wurden nicht nur 70 Mio. dem EGT zugeführt, es mussten auch 100 Mio. Euro an Abschreibungen (die man größtenteils nicht für wirklich verloren hält) für Subprime-Kredite ausgeglichen werden.

Stabile Combined Ratio

Bei der Generali wiederum stand die erste Rate für die abgegebenen Ostgeschäfte in den Büchern, was das EGT von 190 auf 854 Millionen schnellen ließ. Ohne diesen Sondereffekt (für 2008 wird es die zweite Rate geben) wären es nur um 10 Millionen mehr, nämlich 200 Millionen. Das hat auch Auswirkungen auf die Eigenkapitalverzinsung, die ein Niveau hat, an das man vor einigen Jahren nicht einmal im Entferntesten zu denken wagte.

Bei der Combined Ratio - also jener Zahl, die zeigt, ob mit dem reinen Versicherungsgeschäft (Schadenzahlungen und Verwaltungskosten im Verhältnis zur eingenommenen Prämie) verdient wird - haben sich alle vier Konkurrenten seit einigen Jahren auf unter 100 Prozent eingependelt, wobei sich die Uniqa im Vergleich zur Konkurrenz keine Lorbeeren holt.