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Die "Bologna-Connection" setzt Silvio Berlusconi unter Druck

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Rom - Der erzwungene Rücktritt von Außenminister Renato Ruggiero und die damit verbundene Nachfolgefrage bringt Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi unter starken Druck seiner Verbündeten. Der aus Bologna stammende Vizepremier Gianfranco Fini von der postfaschistischen Alleanza Nazionale hat unmissverständlich seine Anwärterschaft auf den frei gewordenen Posten angemeldet und mit dem ebenfalls aus Bologna kommenden Parlamentspräsidenten Pierferdinando Casini einen wichtigen Unterstützer gewonnen. Berlusconis Forza Italia (FI) möchte den Posten des Außenministers aber aus ihren eigenen Reihen besetzen. FI-Kreise warnen nun vor möglichen internationalen Problemen, falls der Postfaschist Fini neuer Außenminister wird.


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Berlusconis Partei befürchtet, dass die Alleanza Nazionale, die derzeit neben dem Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten nur vier eher zweitrangige Ministerien besetzt, in der Koalition zu großes Gewicht erhalten könnte. Nicht zuletzt deshalb werden Ängste vor internationalen Komplikationen vorgeschoben, um Fini vom Außenministerium fernzuhalten. Außerdem hat die Forza Italia mit Kulturminister Giuliano Urbani und dem Minister für den Öffentlichen Dienst, Franco Frattini selbst zwei Kandidaten für das Amt.

Hatte Berlusconi in einem Interview mit dem "Corriere della Sera" am Wochenende noch davon gesprochen, dass er das Amt des Außenministeriums ein halbes Jahr interimistisch ausüben wolle, so ist ihm inzwischen wohl klar geworden, dass es schwer sein wird, sein Amt als Regierungschef mit den unzähligen Auslandsterminen eines Außenministers in Einklang zu bringen. Von seinen Koalitionspartnern, aber auch von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi wurde ihm schon deutlich klargemacht, dass man höchstens ein paar Wochen interimistischer Führung des Außenministeriums zu akzeptieren bereit sei. Berlusconi meinte daraufhin, er sei einmal mehr missverstanden worden. Er habe sich doch nur zum Ziel gesetzt, tiefgreifende Reformen des Außenministeriums einleiten zu wollen.

Ein informelles Treffen des Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Pierferdinando Casini, mit Vizepremier Gianfranco Fini muss schon deshalb bei Berlusconi alle Alarmglocken läuten lassen, da Casini unmittelbar nach dem Rücktritt Ruggieros selbst als Nachfolger im Gespräch war. Berlusconi soll dem ehemaligen Chef der christdemokratischen Splitterpartei CCD schon vor den Wahlen das Amt des Außenministers zugesagt haben. Er wurde dann, als Ruggiero nicht zuletzt auf Drängen des Staatspräsidenten Außenminister wurde, mit dem prestigeträchtigen Posten des Parlamentspräsidenten entschädigt, den er jetzt nicht aufgeben will. Mit seinem Treffen mit Fini wollte Casini sowohl klarstellen, dass er im Nachfolgekarussel nicht selbst mitspielt, den Chef der Alleanza Nazionale aber sehr wohl für einen ernstzunehmenden Kandidaten hält.

Empörung über Berlusconis Justizminister Castelli

Berlusconi steht aber nicht nur wegen der Nachbesetzung im Außenministerium unter Druck, sondern auch wegen einer neuerlichen umstrittenen Entscheidung seines Justizministers Roberto Castelli. Castelli hat nach Medienberichten vom Mittwoch die sofortige Versetzung des Richters Guido Brambilla angeordnet, der in einem Prozess als Beisitzer fungiert, in dem Berlusconi und sein enger Vertrauter Cesare Previti wegen Schmiergeldzahlungen durch Berlusconis Unternehmensgruppe im Zusammenhang mit dem Kauf des staatlichen Lebensmittelkonzerns SME angeklagt sind. Erst Ende Dezember hatte das Gericht einen Antrag der Verteidigung Berlusconis abgelehnt, den Prozess sofort einzustellen. Die Entscheidung Castellis hat empörte Proteste der Richterschaft ausgelöst. Das Mailänder Gericht will nun beantragen, dass Brambilla trotzdem weiter an dem vor drei Jahren begonnenen Prozess teilnehmen kann. Andernfalls müsste das Verfahren neu aufgerollt werden.