Nordkorea rüstet auf, weshalb erneut die Sanktionen verschärft werden sollen. Bisher haben diese aber ihre Wirkung verfehlt.
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Pjöngjang/Seoul. Nur wenige Wochen vor dem ersten nordkoreanischen Parteikongress seit 1980 zündelt sich Kim Jong-un erneut ins Schlaglicht der Weltöffentlichkeit: Nach der vermeintlichen Wasserstoffbombe Anfang Jänner folgte vor zwei Tagen eine als Satellit getarnte Langstreckenrakete. Am Montag hat die südkoreanische Armee mehrere Warnschüsse in Richtung eines Militärboots aus Nordkorea abgefeuert, das während einer Patrouille die Grenzgewässer überquert haben soll.
Die Weltgemeinschaft zeigt sich besorgt - zu Recht. Dass Nordkorea jedoch von seiner Atommacht tatsächlich Gebrauch machen könnte, ist unwahrscheinlich. Das weiß niemand besser als das südkoreanische Volk, das seit Jahren unter der ständigen Bedrohung lebt und sich dieser Tage gewohnt unbeeindruckt zeigt. Gefährlich ist jedoch, dass Nordkoreas nukleare Ambitionen weitere Nachahmer aus der Region anziehen wird.
Noch sind die Stimmen in Japan und Südkorea verhalten, doch sie werden mit jedem weiteren Atomtest aus Pjöngjang lauter. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass Kim Jong-un seine atomare Technologie an instabile Regime weiterverkauft.
Kalkül ging nicht auf
Was also tun? Wenn man der internationalen Gemeinschaft zuhört, allen voran den USA und Japan, dann gibt es nur eine Antwort: verschärfte Sanktionen. Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt jedoch, dass diese bisher ihre Wirkung verfehlt haben.
2006 hat die UNO nach Nordkoreas Kernwaffentest ihre erste Resolution verabschiedet. Sie richtet sich neben dem Verbot von Rüstungsimporten vor allem gegen die Einfuhr von Luxusgütern. Das Kalkül dahinter: Wenn Pjöngjangs dekadente Parteikader auf ihre Privilegien verzichten müssen, werden sie ihren "Geliebten Führer" schon zum Umdenken drängen. Dabei wurde jedoch nicht mitbedacht, dass die Atombombe für Pjöngjangs Parteielite nichts weniger als eine Lebensversicherung darstellt. Kim Jong-un möchte nicht als zweiter Gaddafi enden. Und seine abertausenden Parteikader wollen weder im Gefängnis landen noch sich in einem wiedervereinigten Korea als Taxifahrer verdingen. Das Regime hat viele Gründe, an dem Atomprogramm festzuhalten - und wenige Anreize, es aufzugeben.
Die USA fordern nun im UN-Sicherheitsrat verschärfte Repressalien. Ihre Forderungen richten sich vor allem an China: Das Reich der Mitte soll keine nordkoreanischen Flugzeuge mehr auf seinem Territorium landen lassen und sowohl seine Öl- als auch Minerallieferungen nach Pjöngjang vollständig einstellen. Dass Peking auf alle Punkte eingehen wird, ist überaus unwahrscheinlich.
Auch wenn die chinesische Regierung ebenso frustriert von den atomaren Ambitionen Nordkoreas ist, wird es jedoch als wirtschaftlicher Schutzpatron das Kim-Regime niemals bis zum wirtschaftlichen geschweige denn politischen Kollaps drängen. Einerseits will China keine amerikanischen Soldaten vor seiner Haustür, andererseits fürchtet es hunderttausende verarmte Flüchtlinge in der Region. Ohne Pekings politischem Willen sind Repressalien gegenüber Nordkorea jedoch zum Scheitern verurteilt.
Verstöße bleiben unentdeckt
Erst im Jänner schlussfolgerte ein Bericht des UN-Sicherheitsrats, dass Nordkorea immer wieder erfolgreich die Sanktionen umgehen konnte. Das wurde nicht zuletzt im vergangenen Jahr deutlich, als Nordkorea eine Drohne über die Demarkationslinie fliegen ließ. Später stellte sich heraus, dass das unbemannte Flugobjekt wahrscheinlich in China hergestellt wurde. Ebenso soll Ghana zwei ganze Container Goldbarren nach Nordkorea verschifft haben. Die meisten Verstöße gegen die Sanktionen bleiben jedoch unentdeckt.