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Die Bremse in der Bremse

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Alles ist in Bewegung. Die SPÖ bewegt sich bei den Studiengebühren. Die ÖVP bewegt sich bei der Vermögenssteuer. Die Grünen bewegen sich bei der Schuldenbremse. Bis Mittwoch wird es also eine parlamentarische Familienaufstellung geben, um die Schuldenbremse doch noch in der Verfassung zu verankern.

Dass die einzelnen Landtage weiterhin selbst beschließen können, wann ihr Bundesland in der Krise ist und die Schuldenbremse daher auszusetzen wäre, wird vermutlich nur als eine innerstaatliche Unschärfe wahrgenommen. (Dass in Tirol gerade die dortige Landesregierung die Tiwag-Dividenden bis 2017 als Kapitaleinschuss an die verlustreiche Landeshypo ausgegeben hat, darf als Indiz gelten, wie gut die Bundesländer wirtschaften . . .)

Doch selbst wenn diese quietschende Regelung hält, muss bezweifelt werden, ob die Schuldenbremse Österreich davor bewahren wird, das "Triple A" zu verlieren. Es stehen alle Länder der Eurozone zur Disposition - auch Deutschland, das eine deutlich geringere Neuverschuldung aufweist als Österreich. Die Reaktionen auf die Beschlüsse des EU-Gipfels vergangene Woche sind eher ernüchternd gewesen - aber auch logisch.

Die "Finanzmärkte" werden immer ein Argument finden, warum die zu zahlenden hohen Zinsen im Euroraum gerechtfertigt sind. Hohe Zinsen und kein Ausfallrisiko - wer würde darauf freiwillig verzichten? Interessant ist allerdings schon, dass es erneut die Ratingagenturen sind, die dies weiterhin ermöglichen. Wie schon bei der US-Immobilienkrise, mit der im Jahr 2007 alles begann . . .

Wenn also diesen Mittwoch die Abgeordneten im österreichischen Nationalrat über die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels diskutieren, dann wäre es gut, die Regierung zu fragen, was bei den Ratingagenturen geschehen wird und wie sehr sie ins Regelwerk der Finanzindustrie aufgenommen werden.

Wenn solche privaten Gebilde tun und lassen können, was sie wollen, dann sind Sparbemühungen der öffentlichen Haushalte zwar begrüßenswert, aber mit einer verheerenden Verteilungswirkung: Dann wird immer mehr gutes Steuergeld für die Bedienung von Staatsschulden ausgegeben, während in den Kernaufgaben eines Staates gespart wird. Und das wird ja vermutlich niemand ernsthaft wollen.