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"Die Briten bleiben - selbst wenn man die Queen tötet"

Von Martin Sattler

Europaarchiv

Wie man Terror | effektiv bekämpft. | Machiavelli als strategisches Vorbild. | Wien. "Wer nicht bereit ist, Gewalt einzusetzen, soll Präsident von Disneyland werden", kritisiert Martin van Creveld den fehlenden Mut vieler Politiker. Für den israelischen Militärhistoriker gibt es demnach auch nur zwei Möglichkeiten, dem internationalen Terrorismus beizukommen.


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"In Nordirland haben sich die Briten nicht provozieren lassen und nahmen sogar eigene Opfer in Kauf. Selbst wenn die Terroristen die Queen getötet hätten, wären die Soldaten zurückhaltend geblieben", so van Creveld bei einer Veranstaltung zum Thema "Terrorismus: Charakteristik und Strategie" in Wien. Man könne sich aber vorstellen, wie die Amerikaner auf Bombenanschläge im Herzen ihrer Hauptstadt reagiert hätten.

Die britische Entschlossenheit, den seit 30 Jahren brennenden Konflikt durchzustehen, unterstreicht die Tatsache, dass die Hälfte der bisher Getöteten britische Soldaten sind. "Die Terroristen wissen, dass die Zeit nicht für sie spielt. Die Soldaten lassen sich nicht vertreiben", so der Experte, der derzeit Militärgeschichte in Potsdam lehrt.

Zeige keine Reue!

Die zweite Strategie im Kampf gegen den Terror entlehnt van Creveld Machiavellis Werk "Wie man Grausamkeit benützt". Darin postuliert Machiavelli folgende Grundsätze effektiver Kampfkraft: Schlage schnell zu, sodass kein zweiter Angriff notwendig ist, und zeige keine Reue! "1982 wurden bei der Jagd auf Aufständische in der syrischen Stadt Hama bis zu 30.000 Unbeteiligte getötet. Assad hat aber keine Reue gezeigt und sich mit der großen Zahl auch noch gebrüstet. Das war ein klares Zeichen an die Opposition", zeigt sich van Creveld beeindruckt. Weniger beeindruckt ist er aber vom israelischen Ex-Premier Shimon Peres: "Als 1996 israelische Artillerie Terroristen im Südlibanon bombardierte, traf eine Granate versehentlich ein Flüchtlingslager." Peres entschuldigte sich und kündigte eine Untersuchung an. Van Creveld: "Die Mission war damit gescheitert."

Terror nicht zu besiegen

In seinem Vortrag widerspricht der Militärexperte außerdem der Theorie, man könne mit einem großen Militärbudget dem Terror beikommen: "Israels Militärausgaben betragen elf Milliarden Dollar pro Jahr. Eine vom Gaza-Streifen abgefeuerte Kassam-Rakete kostet dagegen nur 100 Dollar, bringt aber viel mehr Verwirrung und Verunsicherung." Aus diesem Grund hätten auch die militärisch weit überlegenen US-Amerikaner so große Probleme im Irak. Trotz allem ist sich van Creveld sicher, dass weder die unbeirrbare Zurückhaltung der Briten noch der rücksichtslose Angriff Assads den Terror wirklich eliminieren können: "Terror gab es immer und wird es auch immer geben."