Mineralöl- und Tabaksteuer werden erhöht | Aufschlag auf Flugtickets | Kürzungen bei Familien und Pflege | Am Tag zwei der Regierungsklausur in Loipersdorf war Gelduld gefragt. Zunächst wollten SPÖ und ÖVP zu Mittag die neuen Steuerpläne präsentieren. Doch es wurde schließlich der späte Samstagnachmittag. Das Gesamtpaket wurde immer wieder durchgerechnet, bis zuletzt wurde an den Knackpunkten gefeilt.
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Als "ausgewogenes Paket" bezeichneten schließlich Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll die vorgelegten Zahlen. Die Steuermehreinnahmen schrauben sich für das Budget 2011 auf rund 1,2 Milliarden Euro. Dass es nicht 1,7 Milliarden Euro wurden, wie ursprünglich geplant, ist auf die bessere Wirtschaftslage zurückzuführen. Das Budgetdefizit soll 2011 3,2 Prozent betragen und 2012 auf 2,9 Prozent gedrückt werden.
Die Budget-Kur- und Wellnesspackung von Loipersdorf bringt neben neuen Steuern, unter anderem durch die Bankenabgabe und eine Erhöhung der Mineralölsteuer, auch umfangreiche Einsparungen, etwa bei Pflege und Familie. Auch auf eine Verschärfung bei der Hacklerregelung konnten sich die Verhandler einigen, die ÖVP wollte zu Beginn der Verhandlungen diese Sonderregelung völlig auslaufen lassen. Mehr Geld soll es für Schulen und Universitäten geben, Fördergeld gibt es auch für die thermische Sanierung - insgesamt 400 Millionen Euro.
Als Schwergewicht bei den neuen Steuern gilt die Bankenabgabe. Sie soll sich ab 2011 bis 2014 jährlich mit 500 Millionen Euro zu Buche schlagen und direkt ins Budget fließen. Fällig werden soll sie für Banken ab einer Bilanzsumme von zwei Milliarden Euro. Bei der Steuerbemessung sollen etwa Spareinlagen und Eigenkapital allerdings abgezogen werden.
Neues auch bei den Privatstiftungen. Der Zwischensteuersatz wird von 12,5 Prozent auf 25 Prozent erhöht und soll 2011 rund 50 Millionen Euro bringen. Die Spekulationsfrist bei Aktien wurde gestrichen, die Aktiengewinne werden mit einer Kapitalertragssteuer von 25 Prozent belegt für Ankäufe ab 1. Jänner 2011 und soll im ersten Jahr 30 Millionen Euro bringen."Entlastung" soll die Abschaffung der Kreditvertragsgebühr bringen.
Stichwort Pflege: Hier wird es Einschränkungen im Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 geben. Der Betreuungsbedarf bei Stufe 1 wurde von 50 auf 60 Stunden erhöht, um Anspruch darauf zu haben, in Stufe 2 von 75 auf 85 Stunden.
Bei den Familien werden 388 Millionen Euro eingespart. Dazu wird die Bezugsdauer der Familienbeihilfe vom 26. auf das vollendete 24. Lebensjahr reduziert, die 13. Familienbeihilfe soll nur noch pauschal 100 Euro betragen und nur noch für schulpflichtige Kinder ausgezahlt werden. Gestrichen wird die Familienbeihilfe für arbeitssuchende Kinder zwischen dem 18. und dem 21. Lebensjahr sowie nach der Berufsausbildung. Gestrichen werden auch der Alleinverdienerabsetzbetrag für Familien ohne Kinder und der Mehrkinderzuschlag ab dem dritten Kind. Ein Teil der Mittel, die durch die Kürzungen lukriert werden, sollen in den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen investiert werden.
Die Mineralölsteuer wird erhöht, das bedeutet 4 Cent mehr auf Benzin und 5 Cent mehr auf Diesel - das soll 2011 417 Millionen Euro bringen. Eine Erhöhung der Tabaksteuer soll sich im ersten Jahr mit 100 Millionen Euro zu Buche schlagen. Die Preise werden zwischen 25 Cent und 35 Cent pro Packung steigen. Fix ist auch die Einführung einer Flugticketabgabe. Für Europa beträgt der "Zuschlag" acht Euro, für längere Distanzen bis zu 40 Euro. Ebenso erhöht wird die Normverbrauchsabgabe (NOVA).
Zum Ausgleich einer höheren Mineralölsteuer wird die Pendlerpauschale um 5 Prozent erhöht, Entlastungen sind auch für Frächter vorgesehen.
Verhandlungen mit Länder offen
Noch verhandelt werden muss über den Konsolidierungsbeitrag der Länder. Finanzminister Josef Pröll betonte, dass man zwar deren Drittel-Anteil an den zusätzlichen Steuern im Budget eingeplant habe. Gleichzeitig verwies er aber auf die von den Ländern erwarteten Defizit-Ziele: Demnach sollen Länder und Gemeinden im kommenden Jahr ein Defizit von 0,6 Prozent des BIP nicht überschreiten.
Pröll verrechnete sich kurz
Bei der Präsentation des Spar- und Steuerpakets stieg die gesamte Regierungsmannschaft aufs Podium. Pröll kam kurz selber ins Stolpern, als er bei der Berechnung der Offensivstrategie auf nur 360 Millionen Euro statt 400 Millionen Euro kam. Er hatte gedanklich den Kassenstrukturfonds ausgeklammert, der mit 40 Millionen Euro dotiert wird. Pröll sagte "Sorry" dafür.
Und wer musste jetzt mehr nachgeben beim Kompromisspapier? Faymann betonte, man lukriere bei den zusätzlichen Steuereinnahmen zwei Drittel aus den Steuervorschlägen der SPÖ. Pröll wiederum hielt sich zugute, "Eigentumssteuern und breite Vermögenssteuern" verhindert zu haben.