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Nach dem "Ampel-Pakt" in Rheinland-Pfalz stellt die CDU nur vier deutsche Ministerpräsidenten, bundesweit erreicht die Union 33 Prozent.
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Traditionell schwer tun sich konservative Parteien in Ballungsräumen. Der Union aus CDU und CSU geht es nicht anders: In vier der fünf größten Städte Deutschlands (Berlin, Hamburg, München und Frankfurt) regieren sozialdemokratische Bürgermeister, in Köln steht die Unabhängige Henriette Reker an der Spitze.
Nicht viel besser ist die Lage in den Bundesländern: Bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg im März plante die CDU, die Ministerpräsidentensessel zurückzuerobern. Doch statt sechs gibt es weiter nur vier CDU-Länderchefs (Hessen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt) plus Bayerns CSU-Ministerpräsent Horst Seehofer bei gesamt 16 Ländern. Die am Freitag verkündete "Ampel" aus SPD, Grünen und FDP in Rheinland-Pfalz ist für die Union bitter. CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner lag fast zehn Prozentpunkte vorne, verlor dann aber wegen ihres Zick-Zack-Kurses in der Flüchtlingspolitik. SPD-"Landesmutter" Malu Dreyer wurde nicht nur knapp Erste. Sie fand in den Koalitionsverhandlungen Kompromisse bei Brückenbau und Windkrafträdern, auf die sich die Öko-Partei mit den Liberalen einigen konnte. Ein strukturell ausgeglichener Haushalt bis 2020 samt Sparkurs, bei dem 2000 Landesbedienstete und 600 Ministeriumsmitarbeiter ihre Jobs verlieren werden, sind ebenfalls vorgesehen.
Die im Bund taumelnde SPD hält damit das seit 1991 von ihr regierte Bundesland. Die FDP, die 2013 als Koalitionspartner der CDU hochkant aus dem Bundestag flog, übernimmt nun eine Ebene tiefer wieder Regierungsverantwortung. Das ist ein Signal für die Bundestagswahl 2018 - und die Konstellation ein Fingerzeig an die CDU: Die Liberalen ketten sich nicht an die Partei von Kanzlerin Angela Merkel.
Das Einverständnis von Gremien und Basis vorausgesetzt, ist die Ampel bis zur Konstituierung des Mainzer Landtags am 18. Mai fix. Bereits Ende kommender Woche könnte die nächste Landesregierung ohne CDU-Politiker an der Spitze zumindest in Grundzügen stehen - jedoch mit Beteiligung der Konservativen: Nach dem fulminanten Walsieg des Grünen Winfried Kretschmann bahnt sich die erste grün-schwarze Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik an. Zwischen Modernisierern und Traditionalisten ist Baden-Württembergs CDU gespalten. Erstere Gruppe hat nach dem Wahldebakel vom März die Zügel in die Hand genommen: Der Landesvorsitzende Thomas Strobl führt die Verhandlungen mit den Grünen und will sie auch erfolgreich zu Ende bringen. Auf das Ziel einer "ökologisch-sozialen Marktwirtschaft" konnten sich die Verhandler einigen, hingegen spießt es sich bei symbolisch wichtigen Fragen wie dem Kostenanteil des Landes beim umstrittenen Bahnhof Stuttgart 21.
Auch in Baden-Württemberg stand die Wahl im Zeichen der Flüchtlingskrise. Während die Kanzlerin am Samstag ein Flüchtlingslager in der Türkei besucht, um ihren Kurs zu unterstreichen, steht die Union auf dem tiefsten Umfragestand seit 2011: Nur 33 Prozent der Bürger würden die Konservativen wählen. Doch kamen SPD und Grüne vor fünfeinhalb Jahren gemeinsam auf 49, sind es heute nur 33 Prozent. Die konservativ-populistische Alternative für Deutschland (AfD) profitiert mit derzeit 14 Prozent primär von der Proteststimmung. Zwar ist die AfD ein Paria, keine Partei will mit ihr koalieren. Merkel braucht dennoch rasch Erfolge, um die Abwanderung konservativer Kernwähler aufzuhalten.