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Sechs Prozent der Wahlberechtigten sollen Abstimmung erzwingen können.
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Salzburg. Es ist das, was man ein Modethema nennt. Wer im Internet nach "direkter Demokratie" sucht, findet unzählige Initiativen, die sich auf verschiedenen Ebenen, mit unterschiedlichen Hintergründen und wechselndem Erfolg für eine stärkere Beteiligung der Bürger im demokratischen Prozess starkmacht.
Eine Initiative, die bei diesem Unterfangen schon recht weit ist, ist jene Gruppierung, die sich unter dem Namen "Mehr Demokratie! Salzburg" für Bürgerbeteiligung in der Stadt Salzburg einsetzt. Noch vor dem Sommer könnte es einen Gemeinderatsbeschluss geben, der Bürgerinitiativen ermöglicht, verbindliche Volksentscheide zu erzwingen. Noch laufen die Verhandlungen und sind einige Fragen offen, doch vier von fünf Parteien haben die Initiatoren bereits auf ihre Seite gebracht.
Einzig die ÖVP, in der Stadt die Nummer zwei hinter der SPÖ, ist gegen den Antrag in der derzeitigen Form. "Man muss glaubwürdig bleiben und versuchen, dass nicht eine Minderheit über die schweigende Mehrheit bestimmt", sagt Vizebürgermeister und Stadtparteiobmann Harald Preuner.
Der Kernpunkt der Auseinandersetzung ist die Frage, ob für die Verbindlichkeit einer Bürgerbefragung eine Beteiligung von 10 oder 30 Prozent notwendig ist. Ebenso offen ist, ob es sich beim Ausgangswert um die abgegebenen Stimmen bei der letzten Wahl oder die Wahlberechtigten handelt. Bei einer Stadt mit rund 110.000 Wahlberechtigten und einer Wahlbeteiligung von nicht einmal 60 Prozent eine entscheidende Frage. Für Preuner ist klar, "wir hängen das an den Wahlberechtigten auf". Immerhin ist seine Partei im zweiten offenen Punkt mit der Initiative einer Meinung.
Denn im aktuellen Entwurf könnte der Gemeinderat das Abstimmungsergebnis noch aushebeln. Deshalb fordert Preuner eine erforderliche Beteiligung von 30 Prozent, die einer Abstimmung aber auf jeden Fall bindenden Charakter verleihen soll. Er argumentiert im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" mit einem Beispiel aus der jüngeren Geschichte der Stadt: "Genau das hatten wir bei der Olympiabewerbung 2014. Da sprach sich eine Bürgerbefragung gegen eine Bewerbung aus, der Gemeinderat hat sich dann aber darüber hinweggesetzt. Das ist der Bevölkerung sehr schlecht aufgestoßen." Damals betrug die Beteiligung übrigens 22 Prozent, das Ergebnis wäre also auch nach dem aktuellen ÖVP-Vorschlag nicht bindend gewesen.
1550 für Initiative, 3100 für Begehren, 6200 für Votum
"Wenn man zwar abstimmen lässt, das dann aber mit der repräsentativen Demokratie aushebeln kann, erscheint uns das als äußerst problematisch", erklärt Hannes Augustin, Mitautor des als "Salzburger Modell" bezeichneten Vorschlags der Initiative. Eine bindende Abstimmung ist der letzte Teil des dreistufigen Modells. So soll schon mit rund 1550 Unterschriften, also nicht einmal 1,5 Prozent der Wahlberechtigten, ein Initiativantrag an den Gemeinderat möglich sein. Die doppelte Zahl an Unterschriften soll ein Bürgerbegehren ermöglichen, das Verhandlungen der Begehrens-Initiatoren mit der Stadt und öffentliche Diskussionen vorsieht. Für die Einberufung einer Abstimmung wären schließlich rund 6200 Unterschriften - oder knapp sechs Prozent der Wahlberechtigten - notwendig.
Begründet werden diese niedrigen Zahlen von der Initiative damit, dass es sich schließlich um Gemeindeangelegenheiten handle. "Problematische Abstimmungen, die etwa gegen die Menschenrechte, die Verfassung oder europäisches Recht verstoßen, sind unserer Ansicht nach ohnehin ausgeschlossen", erklärt Augustin. Bedenken wischt Augustin vom Tisch: "Man braucht sich nicht zu Tode zu fürchten, dass das übermäßig angewendet wird. Es sollte nur der Bürgerschaft die Chance gegeben werden, mitzubestimmen", sagt er. Doch auch in diesem Punkt fordert die ÖVP eine höhere Quote. "Zehn Prozent der Wahlberechtigten sollen das Ganze in Gang bringen können", sagt Preuner.
Derzeit verhandelt "Mehr Demokratie! Salzburg" mit den übrigen vier Gemeinderatsfraktionen über die Details, eine Abstimmung über das Salzburger Modell ist noch vor dem Sommer möglich.