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Die Covid-Krise und der Arbeitsmarkt

Von Ulrike Famira-Mühlberger

Gastkommentare
Ulrike Famira-Mühlberger ist stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Eine Reihe von Arbeitsplätzen wird nicht mehr zurückkommen.


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Die Covid-19-Pandemie und die zu ihrer Eindämmung gesetzten Maßnahmen haben im Frühjahr den höchsten Rückgang der unselbständigen Beschäftigung seit knapp 70 Jahren verursacht. Im September lag die unselbständige Beschäftigung noch ein Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Möglichkeit der Kurzarbeit hat einen noch stärkeren Rückgang verhindert. Besonders stark vom Beschäftigungsrückgang getroffen sind junge Erwachsene sowie Arbeiterinnen und Arbeiter. In Zeiten der Krise fällt der Berufseinstieg besonders schwer. Empirische Untersuchungen zeigen, dass diese Startschwierigkeiten sehr lange nachwirken können und sich auf die künftige Karriere- und Lohnentwicklung dieser Personen negativ auswirkt. Die überproportionale Betroffenheit von Arbeiterinnen und Arbeiter hat ihre Wurzel u.a. im schwächeren Kündigungsschutz.

Ende September waren noch immer knapp 28 Prozent mehr Arbeitslose als im Vorjahr (inklusive Schulungsteilnehmende +22 Prozent). Die Ankündigung von Standortschließungen in den letzten Wochen deuten darauf hin, dass die Covid-19-Krise auch eine strukturelle Veränderung mit sich bringt: Eine Reihe von Arbeitsplätzen wird auch nach Überwindung der Krise nicht mehr zurückkommen.

Da die Covid-19-Krise kein rasches Ende nehmen wird, sondern sich durch den derzeitigen Anstieg der Infektionen wieder verschärfen wird, besteht die Gefahr der Verfestigung der Arbeitslosigkeit. Wir sehen bereits einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit bei älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen sowie bei Personen mit geringer Bildung. Außerdem haben sich die Chancen von Arbeitslosen, die schon vor der Covid-19-Krise arbeitslos waren, eine Beschäftigung zu finden, dramatisch verringert.

Was bleibt angesichts der Lage am Arbeitsmarkt zu tun? Bildung, Bildung, Bildung! Die strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt erfordern eine massive Qualifizierungsoffensive. Es müssen nicht nur ausreichend Lehrstellen für Berufseinsteiger geschaffen werden, sondern auch intensive Ausbildungsmöglichkeiten wie etwa Umschulungen zu IT-Fachkräften oder Pflegekräften. So werden bis 2030 aufgrund der demografischen Entwicklung rund 100.000 Pflegekräfte benötigt. Plätze in Pflegeheimen bleiben mancherorts heute schon unbelegt wegen des fehlenden Personals. Der Fachkräftemangel im IT-Bereich stellt bereits jetzt ein Wachstumshemmnis von IT-Unternehmen dar. Arbeitsmarktpolitische Krisenbekämpfung sollte die strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt aufgreifen und während einer Phase hoher Arbeitslosigkeit die betroffenen Personen umschulen und weiterbilden. Dazu benötigt es nicht nur eine Aufstockung der Ausbildungsmöglichkeiten, sondern auch eine finanzielle Unterstützung, damit die Betroffenen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Das ist aus ökonomischer Sicht eine gute Investition, damit die Betroffenen nach der Krise wieder in den Sozialtopf einbezahlen anstatt weiter daraus Gelder zu beziehen. Eine erfolgreiche Bekämpfung der Covid-19-Krise am Arbeitsmarkt wäre ein gutes Konjunkturpaket mit langfristig positiven Effekten.