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Die Dancing Stars zieren sich

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Eine Bundes- präsidentschaftswahl kommt, und plötzlich sind alle potenziellen Gegenkandidaten unabkömmlich. Nur ein arbeitsloser Inkompetenter könnte einspringen.


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Das Casting möglicher ÖVP-Kandidaten für die Präsidentschaftswahl lässt allmählich Spielregeln erkennen. Erstens: Die Kandidaten kommen und gehen relativ eilig, innerhalb kurzer Produktionszeit ist ein hoher Grundumsatz an Persönlichkeiten nachzuweisen.

Ein zweites Merkmal, das freilich nicht völlig ernst, sondern maximal ironisch zu nehmen ist: Die Namen der ins Spiel gebrachten Papabiles sind überwiegend einsilbig: Leitl, Khol, Pröll. Nur Klasnic und Fiedler schaffen es auf zwei Silben, was aber auch keine langen Namen ergibt. Mit anderen Worten: Vom handwerklichen Standpunkt gedruckter Medien betrachtet wäre jeder der Genannten attraktiv, weil die kurzen Namen so leicht in Titelzeilen passen. Was hatten die Journalisten doch für Mühe mit Rudolf Kirchschläger, wenn sie im Zeitungstitel außer dem Namen sonst noch Wesentliches aussagen wollten! Ein wirklicher Wettbewerbsvorteil kommt durch die Ein- und Zweisilbigkeit der Herausforderer des gegenwärtigen Bundespräsidenten nicht heraus, denn der Name Fischer hat von der Länge her gleiche Qualität.

Der dritte Punk ist möglicherweise der entscheidende. Nahezu jede der geouteten Personen erweist sich, kaum ist ihr Name im Umlauf, als unabkömmlich. Am längsten brauchte Landeshauptmann Erwin Pröll dazu, seine Unabkömmlichkeit bei den Niederösterreichern zu entdecken. Inzwischen lässt auch er keinen Zweifel mehr aufkommen - er kann es den Niederösterreichern nicht antun, aus St. Pölten wegzugehen und in die Wiener Hofburg zu übersiedeln.

Auch die Ex-Landeshauptfrau Waldtraud Klasnic fühlt sich gebraucht, nämlich als Präsidentin vom "Hospiz Österreich". Sehr flink war Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl damit, seine Unabkömmlichkeit festzustellen. "In stürmischen Zeiten wechselt der Kapitän nicht das Schiff", sagte er. Jeder solle dort bleiben, wo er etwas kann.

Es sieht fast so aus, dass nur ein Arbeitsloser, der zudem seine Inkompetenz nachweisen kann, als schwarzer Kandidat in Frage käme. Andreas Khol, der als Pensionisten-Lobbyist eine nicht nur Dank der Hacklerregelung beschleunigt wachsende Masse an Klienten hat, kann dieselben keinesfalls in einen schwarzen Lebensabend ohne Khol schicken. Interessanterweise argumentierte er aber ganz anders, eigentlich unter Verletzung aller Regeln. "Ich bin der Meinung, dass man nicht in Schlachten gehen soll, wenn man von vornherein weiß, dass man nicht gewinnt", zitierte ihn die Zeitung "Österreich".

So kann man es tatsächlich sehen, weshalb sich jetzt aller Augen auf den früheren Rechnungshof-Präsidenten Franz Fiedler richten. Dieser hätte es ganz schwer, den Nachweis zu erbringen, dass er woanders fehlt, falls er kandidieren sollte. Noch steht er vor der Khol-Schwelle und ist nicht gesprungen. Wenn er springt, dann glaubt er wohl, siegen oder auch ehrenvoll untergehen zu können. Wir werden von ihm hören und vielleicht noch von ein paar anderen.

So wie das Casting bisher läuft, scheint es um nicht mehr zu gehen als die Nominierung von Dancing Stars. Österreichs Innenpolitik hat sich - fern von jeder ideologischen oder gar intellektuellen Auseinandersetzung - auf ihre Hauptbeschäftigung zurückgezogen: Besitzstandspflege. Jeder soll dort bleiben, wo er etwas kann. Und Heinz Fischer kann ja etwas. Er wird immer das richtige Wort zur Neutralität, zu Europa, zum sozialen Frieden und zum Nationalfeiertag finden. Er hat selten jemanden aufgestört, am wenigsten die ÖVP.