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Anleihen statt Bankkrediten kommen in Mode. | Höhere Zinsen für höheres Risiko. | Für Anleger interessant, aber Totalausfall möglich. | KTM-Chef Stefan Pierer mag sie, Andritz-Boss Wolfgang Leitner steht auf sie, und der Spar-Vorstandsvorsitzende Gerhard Drexel schätzt sie ebenfalls: Die Rede ist von Unternehmensanleihen, die sich in Zeiten der Kreditklemme als Finanzierungsinstrumente großer Beliebtheit erfreuen. Österreichs Elitefirmen - für Minibetriebe kommen Unternehmensanleihen nicht in Frage - kommen so zu Geld, um etwa Expansionspläne zu finanzieren, ohne jedoch die derzeit so knausrigen Banken anschnorren zu müssen. Sie legen derartige Anleihen meist für einen Zeitraum von drei bis zehn Jahren auf und zahlen einen fixen, im Vergleich zur Kreditfinanzierung über eine Bank geringeren Zinssatz.
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Pierer platzierte Mitte des Vorjahres eine Unternehmensanleihe seiner Cross Motorsports Systems im Volumen von 75 Millionen Euro, die trotz des schwierigen Marktumfelds bei institutionellen und privaten Anlegern auf großes Interesse gestoßen ist. Die Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren wurde zu einem Zinssatz von 6,5 Prozent begeben. Mit dem Erlös wurden kurzfristige Kredite umgeschuldet und die bestehende Beteiligung bei Pankl Racing Systems aufgestockt.
Der steirische Anlagenbauer Andritz hat im Februar 2008 beschlossen, sich per siebenjähriger Anleihe 150 Millionen Euro von den Anlegern zu beschaffen, um einen finanziellen Polster für weitere Zukäufe zu haben. Das in einer Stückelung von 50.000 Euro aufgelegte Papier, das wegging wie warme Semmeln, bringt Anlegern 5,25 Prozent Fixkupon.
Die Lebensmittelkette Spar ging im Herbst 2007 einen anderen Weg: Sie bot Anlegern kurzfristige Unternehmensanleihen an, um ihre Filialen ausbauen zu können. Das Besondere daran: Gerhard Drexel stieg ins Direktbanken-Geschäft ein, um per Internet Kunden als Finanziers zu gewinnen, die für eine bestimmte Laufzeit mit dem vereinbarten Zinssatz von zunächst 4,375 Prozent (heute immerhin vier Prozent für 12 Monate) rechnen können. Unter www.sparanlage.at findet man, wie bei Direktbanken, das Formular, das samt Kopie eines Ausweises zwecks Kontoeröffnung per Post eingeschickt werden muss.
Die abwickelnde Spar Finanz AG, an der die Erste Bank mit 50 Prozent beteiligt ist, sendet einem die Geheimcodes zu - und schon kann es losgehen. Die Spar-Kette verkauft natürlich keine klassischen Sparbücher, sondern eine Unternehmensanleihe, die (wie alle anderen) nicht unter die Einlagensicherung der Banken fällt. Die Firma bürgt allerdings mit ihrem Vermögen.
Topunternehmen, aber auch einige Nobodys
So simpel wie bei Spar läuft es in der Regel nicht. Bei der Emission einer Unternehmensanleihe, die für manche Betriebe der erste Schritt vom Kredit- auf den Kapitalmarkt ist, gibt es mehrere Varianten. Neben der grundsätzlichen Trennung in internationale Anleihen und Inlandsanleihen sind zu unterscheiden
* die institutionelle Emission, für die kein Kapitalmarktprospekt erforderlich ist ab fünf Millionen Euro: Sie wird in erster Linie institutionellen Anlegern (wie Versicherungen oder Kapitalanlagegesellschaften) schmackhaft gemacht, die ab 50.000 Euro zeichnen können;
* die öffentliche Emission, bei der es eines Kapitalmarktprospekts bedarf, ab 50 Millionen Euro: Sie wird sowohl privaten als auch institutionellen Anlegern angeboten, wobei die Platzierung durch ein Bankenkonsortium unter Führung eines Lead Managers erfolgt. Die Anleihen notieren entweder im Geregelten Freiverkehr oder am Dritten Markt der Börse Wien.
* die Privatplatzierung einer Anleihe ab fünf Millionen Euro, die üblicherweise nichts mit der Börse zu tun hat und für mittelständische Unternehmen gedacht ist. Die Investkredit legt in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice seit Jahren so genannte "Mittelstandsbonds" auf.
An der Wiener Börse waren per Ende 2008 exakt 136 Corporate Bonds mit Österreich-Bezug und drei ohne Österreich-Bezug (etwa die Bulgaria Steel-Anleihe) gelistet, die es auf ein Gesamtvolumen von mehr als 16 Milliarden Euro bringen. Die Liste (siehe Kasten) liest sich wie das Who is Who der heimischen Paradebetriebe: Der Bogen spannt sich von der Voestalpine und OMV über Strabag und Porr bis zu XXXLutz und Casinos Austria.
Das Risiko wird manchmal schlagend
Daneben sind Firmen dabei, die nur wenigen bekannt sind: etwa die MEG Möbelhandels GmbH in St.Pölten, hinter der kein Geringerer als Kika/Leiner-Chef Herbert Koch steht, oder die Futurelab Holding, an der die Wiener Städtische beteiligt ist.
Eminent wichtig ist die Bonitätsbewertung der Ratingagenturen: Unternehmensanleihen, die in der Regel als risikoreicher einzustufen sind als etwa Staatsanleihen, werden von Emittenten aufgelegt, die zumindest ein BBB-Rating (mittlere Bonität) vorzuweisen haben. Dabei gilt die Faustregel: Je niedriger die Bonitätsstufe, desto höher der Zinssatz, den der Schuldner zu zahlen hat. Der Renditeaufschlag, der solche Wertpapiere von Staatsanleihen unterscheidet, wird auch Spread genannt und soll die Risiken abdecken, die ein Investor zu tragen hat. Im Extremfall kann das vom Aussetzen der Zinszahlungen bis zur Nicht-Rückzahlung des eingesetzten Kapitals führen.
Es ist für Anleger somit nicht einerlei, ob sie eine Bundes-Anleihe zeichnen oder einem Unternehmen mit geringem Eigenkapital und vorhersehbaren Ertragsschwächen Geld pumpen. Der höhere Kupon ist eine Art Prämie für ein höheres Risiko.
Momentan hätten aufgrund der Finanzkrise jedoch selbst Unternehmen mit erstklassiger Bonität Schwierigkeiten sich zu refinanzieren oder könnten das nur sehr teuer tun, beklagte die Industriellenvereinigung jüngst: Die Unternehmerlobby forderte - ähnlich wie für Bankanleihen - eine Haftung der Steuerzahler im Ausmaß von 15 Milliarden Euro. Die staatliche Garantie würde die Risikobewertung drastisch verbessern und so die Kosten für die Emittenten senken.
Private Investoren sollten jedenfalls darauf achten, dass die Eigenkapitalausstattung des Emittenten rund 30 Prozent beträgt, der Cash Flow ausreicht, um am Ende der Laufzeit die Anleiheschuld zu tilgen und die Anleihe nicht zur Abdeckung von Bankschulden verwendet wird.
In manchen Fällen sorgen Unternehmensanleihen bei den Geldgebern für Nervenkitzel: Wer Anleihen von Immofinanz, Eybl International oder dem Tiroler Sägekonzern Klausner gezeichnet hat, zittert seit Monaten um sein Geld. Immofinanz steht gar nicht gut da, Eybl hat Ausgleich angemeldet, und Klausner ist in einem Sanierungsprozess, der das Schlimmste abwenden soll.

Emittenten
Auswahl österreichischer Unternehmen, die Anleihen aufgelegt haben:
* Laufzeit bis 2009
Bauholding, Greiner Packaging, Kelag, Kromberg & Schubert, KTM, Scherb Invest, Uniqa
* Laufzeit bis 2010
A-Tec, Fimag (Strabag), Fischer, Getzner Werkstoffe, Knapp Holding, OMV, Pfeifer, Neuson, Spar Magyar
* Laufzeit bis 2011
Alpla Hard, Casinos Austria, Fronius, Jo Wood, Spar, S&T, Salzburger Flughafen, XXXLutz
* Laufzeit bis 2012
Cross Industries, Egger, FACC, Frischeis, Herz Armaturen, Knill Holding, Novomatic, UBM, Wienerberger
* Laufzeit bis 2013
AT&S, Bern dorf, Cross Motorsport Systems, Elk Fertighaus, ÖBB, Saubermacher, Schoeller Bleckmann Oilfield, Strabag
* Laufzeit bis 2014
Conwert, Klausner, Verbund
* Laufzeit bis 2015
Andritz
LinkBörse-Wissen