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Die drohende Sackgasse

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Was sollen die USA und der Iran tun, wenn die Atomgespräche scheitern? Nichts, zumindest vorerst.


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"Niemand hat Interesse" an einer weiteren Verlängerung der Atomgespräche mit dem Iran, sagte der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. "Ich sehe eine weitere Verlängerung nicht als nutzbringend", sagte daraufhin US-Präsident Barack Obama, sollten sich die Iraner nicht bis Ende März einverstanden erklären, der Welt zu zeigen, "dass sie keine Atomwaffen anstreben". Die drohende Sackgasse wirft eine wichtige Frage auf: Was sollen die USA und der Iran tun, wenn die Gespräche scheitern? Nichts, wäre meine Antwort, zumindest vorerst. Es ist wie bei Lohnverhandlungen, wenn beide Seiten zum Schluss kommen, dass es in ihrem Interesse ist, vorerst nach den alten Vereinbarungen weiterzumachen.

Der Pessimismus wächst, weil die Verhandlungspartner bei Schlüsselthemen weit voneinander entfernt sind. Zum Beispiel die Frage der Sanktionserleichterungen: Zarif will bei einer Einigung die rasche Aufhebung der Sanktionen. Die US-Verhandler bestehen darauf, dass die Sanktionen nur schrittweise aufgehoben werden.

Dass er für Hardliner, die gegen alle Zugeständnisse an die USA sind, eine Zielscheibe ist, stellte Zarif nicht in Abrede.

Klar ist, dass es sowohl in Washington als auch in Teheran politischen Druck für Strafmaßnahmen geben wird, wenn die Verhandlungen nicht weitergeführt werden. Der US-Kongress diskutiert bereits über mehr Sanktionen. Und Hardliner in Teheran werden wahrscheinlich auf eine Ausweitung des Atomprogramms drängen. Beide Seiten sollten mit einseitigen Aktionen jedoch vorsichtig sein, um nicht den Status quo zunichtezumachen.

Ein Grund, lieber auf Schritte der anderen Seite zu warten, ist, nicht zur Zielscheibe bei den gegenseitigen Schuldzuschreibungen zu werden, die mit Sicherheit folgen, wenn man in der Sackgasse sitzt. In einer solchen Schlacht um die öffentliche Meinung wären beide Seiten anfänglich mit der optionenbewahrenden Haltung des Abwartens und Teetrinkens besser beraten.

Was würde ein Abbruch der Gespräche für den Nahen Osten bedeuten, der jetzt schon gefährlich instabil ist? Die Iraner scheinen davon überzeugt zu sein, dass die USA wegen des Aufstiegs des terroristischen Islamischen Staats die Hilfe des Irans im Irak brauchen. Es gibt aber auch ein Gegenargument: Der Iran hat Chaos an seinen Grenzen. Beim Abbruch der Gespräche würde er mehrere Feinde zu bekämpfen haben - ohne verlässliche Verbündete. Und der Iran muss mit der gefährlichen Aussicht rechnen, dass Saudi-Arabien, Ägypten und vielleicht auch die Türkei ihre eigenen Atombombenprogramme starten - in einer Welt, in der nicht mehr verhandelt wird.

Ist die Zeit reif für ein Abkommen mit dem Iran? Seit letztem Wochenende zweifle ich eher daran. Das heißt aber nicht, dass es der richtige Zeitpunkt für eine Schlacht in einer Auseinandersetzung ist, die zu einem weiteren Nahostkrieg führen könnte. Nicht wenn der Iran international isoliert ist und kampfbereit in seiner Nachbarschaft - und ein Abkommen mehr braucht, als sich seine Führung zu vergegenwärtigen scheint.

Übersetzung: Redaktion