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Die Drohnen heben ab

Von Hans-Hermann Nikolei, Le Bourget

Wirtschaft

Während einander die beiden großen Flugzeughersteller Airbus und Boeing bei der Pariser Luftfahrtmesse ein Auftragswettrennen liefern, setzt der Weltmarkt für unbemannte Fluggeräte, so genannte Drohnen, zu einem Boom an. In Paris wird dem mit einer "Messe in der Messe" Rechnung getragen. Ab 2015 sollen pro Jahr Drohnen für den militärischen und den zivilen Einsatz im Wert von mindstens 5 Mrd. Dollar verkauft werden, sind die Experten einig.


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Für die französischen Truppen in der Elfenbeinküste war es ein Schock: Regierungsflugzeuge bombardierten im November 2004 mit tödlicher Präzision ihre Stellungen an der Demarkationslinie zum Rebellengebiet. Zuvor war das Lager von Drohnen israelischer Bauart ausspioniert worden. Der Einsatz unbemannter Flugkörper - seit dem Vietnamkrieg keine Science Fiction mehr - wird auch für Entwicklungsländer erschwinglich. Der Weltmarkt setzt zum Boom an. 300 bis 400 Projekte gibt es in der Welt. Die USA stellen drei Viertel. Danach kommen Israel und die Europäer.

In Österreich stellt die Schiebel Elektronische Geräte GmbH, Weltmarktführer für Minensuchgeräte, einen unbemannten Hubschrauber her.

In Paris-Le Bourget wurde eine eigene "Messe in der Messe" für Drohnen mit 130 Ausstellern eingerichtet. Zu sehen sind Projekte und Produkte mit Spannweiten einer Libelle bis zu der eines Airbus A320. EADS zeigt unter anderem den acht Kilo leichten Mini-Aufklärer Tracker, der von Hand gestartet wird. Rheinmetall Defense Electronics präsentiert Tares, der im Umkreis von 2.000 Quadratkilometern Kommandoposten oder Panzer bekämpfen soll.

Frankreichs Präsident Jacques Chirac legte die Messlatte für die Europäer hoch und enthüllte das Modell der "nEUROn": Die von Dassault gebaute Tarnkappen-Kampfdrohne aus Verbundwerkstoff ist so groß wie eine Mirage-2000. nEUROn soll 2010 erstmals fliegen und im Gefechtsfeld autonom agieren können. Doch soll sie nie eine Lenkwaffe abfeuern: Frankreich will mit dem 400-Mio.-Euro-"Demonstrator" nur sicherstellen, dass die Europäer technologisch auch noch 2015 mithalten können. Alenia (Italien), Saab (Schweden), HIA (Griechenland), RUAG (Schweiz) und EADS-CASA (Spanien) beteiligen sich zur Hälfte an den Kosten.

Zum Einsatz bestimmt ist das zweite europäische Großprojekt EuroMALE. Von den 300 Mio. Euro Kosten tragen EADS 100 und der französische Staat 75 Mio. Euro . Mit dabei sind auch Spanier und Italiener, Finnen und Schweden.

EuroMALE (MALE steht für "mittlere Flughöhe, große Flugdauer") hat 26 Meter Spannweite und kann 450 Kilogramm Waffen oder elektronisches Gerät tragen. Die Drohne soll 24 Stunden lang in 15 Kilometern Höhe einsetzbar sein.

Sie tritt gegen den Predator von General Atomics an, der im Irak schon medienwirksame Einsätze hatte.

Auch der zivile Markt für Grenz- und Küstenschutz, Überwachung von Großveranstaltungen und Brandbekämpfung springt an. Die deutsche Firma Rheinmetall Defence hat extra das Geschäftsfeld Homeland Security eingerichtet und bewirbt sich um Aufträge zur Sicherung der EU-Grenzen. "Zunächst müssen wir aber die rechtlichen Grundlagen wie die Zertifizierung für den zivilen Luftraum schaffen", sagt Manfred Lehnigk vom Drohnenvertrieb bei Rheinmetall.

Den Takt am Markt geben die USA vor: Washington erhöhte die Ausgaben für Drohnen nach den Anschlägen 2001 auf das World Trade Center von 250 Mio. auf mehrere Milliarden Dollar jährlich. Das schafft Perspektiven selbst für die MPUV von Lockheed Martin. Die Faltflügel-Drohne soll von getauchten Atom-U-Booten aus gestartet werden. Nach einem Einsatz im 1.300-Kilometer-Radius soll sie wassern und von einem Seeroboter wieder zum U-Boot gebracht werden. Von solchen Riesenprojekten ist Europa weit entfernt - es fehlt die Stückzahlen bringende Nachfrage der Streitkräfte, denn über Rüstung entscheidet im EU-Europa immer noch jeder für sich.dpa