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Die Druck-Kammern

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die SPÖ hat schon bessere Tage erlebt, kann sich aber mit dem Zustand der ÖVP trösten. Im Wirtschaftsbund ist der Frust groß, und über die eigene Parteispitze wird nichts Gutes gesprochen. Dass darüber noch der Mantel der Diskretion gebreitet wird, ist nur der Tatsache zu verdanken, dass niemand in der ÖVP im Moment eine - der in der Vergangenheit so oft fruchtlosen - Obmann-Debatten anzetteln möchte.

Wenn in den kommenden Tagen also SPÖ und ÖVP - nach derzeit einhelliger Analyse - zum letzten Mal eine Koalition bilden, so sind dafür fünf Jahre keineswegs ausgemacht.

Ein Grund dafür ist die Instabilität der Volkspartei. Neos/LIF, die sich gerade ein Parteiprogramm verpassen, scharren schon den Startlöchern. Wenn dieses - für Jänner vorgesehenes - Programm sich mit den Vorstellungen des ÖVP-Wirtschaftsbundes in den wesentlichen Fragen deckt, ist Feuer am Dach der Volkspartei.

Die momentane Stimmung im Wirtschaftsbund hätte schon fast zu einer "funktionalen Spaltung" geführt: Wie CDU/CSU in Deutschland wollte der Wirtschaftsbund die Bande zur Volkspartei lockern, schreckte im letzten Moment aber vor diesem Paukenschlag zurück.

Warnungen in Richtung ÖVP gibt es aber genug. Denn der Wirtschaftsbund muss 2015 bei der Wirtschaftskammer-Wahl eine absolute Mehrheit verteidigen. Nach heutigem Stand ist dies illusorisch, eher werden Neos/LIF auf Anhieb so stark, dass sie gar nicht alle Funktionärsposten besetzen können. Und das mit Argumenten, die seit Jahren aus dem Wirtschaftsbund zu hören sind. (Neos-Obmann Mathias Strolz kommt selbst aus dem Wirtschaftsbund.)

Die ÖVP hat also schon bessere Tage erlebt, kann sich aber mit dem Zustand der SPÖ trösten. Die sozialdemokratischen Gewerkschafter schlagen bald im kommenden Jahr die Arbeiterkammer-Wahl und müssen eine Absolute verteidigen. Nach heutigem Stand ist dies illusorisch. Dementsprechend sauer sind die Gewerkschaften auf die SPÖ. Die deutliche Reaktion auf die aktuelle Privatisierungsdebatte von ÖGB-Seite war noch die disziplinierte Variante.

Und so erreicht die Schwäche von SPÖ und ÖVP unvermeidlich die Sozialpartner. Für gelernte Österreicher gilt als sicher, dass die Sozialpartner das nicht widerstandslos hinnehmen werden. Den Parteizentralen der Koalitionspartner stehen die harten Wochen und Monate erst bevor.