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Die Dysfunktion der US-Regierung

Von David Ignatius

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Was der Öffentlichkeit in den USA Angst machen sollte, ist nicht die ungeheuerliche Macht der Bundesregierung, sondern ihre Ohnmacht.


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In einer Zeit, in der der US-Kongress kein Budget durchlässt und der Präsident der Vereinigten Staaten keine Zustimmung für wichtige Gesetze findet, empört sich die Öffentlichkeit über die Gefahr einer übermächtigen Bundesregierung, die das Finanzamt und das Justizministerium dazu benützt, um ihre Feinde zu schikanieren.

Die Regierung von Präsident Barack Obama fürchtet konservative Aktivisten und verabscheut sie möglicherweise sogar, und sie nimmt den Medien gegenüber einen unheimlichen bipolaren Standpunkt ein, wenn es um undichte Stellen bei der nationalen Sicherheit geht. Und dennoch ist das wahre Problem in Washington heutzutage nicht eine organisierte Verschwörung gegen diese Gruppen, sondern die zunehmende Dysfunktion der Bundeseinrichtungen durch schlechtes Management und politische Besserwisserei im Nachhinein. Was der Öffentlichkeit Angst machen sollte, ist nicht die ungeheuerliche Macht der Bundesregierung, sondern ihre Ohnmacht.

Das Skandalfieber hat begonnen, das nationale Gehirn zu verwirren. Was wir brauchen, ist - wie die jüngsten Ereignisse klar zeigen - eine mündige Aufsicht der Bürokratie. Das erfordert vorgesetzte Beamte, die sensibel mit politischen Themen umgehen. Diese sind heute jedoch so ängstlich darauf bedacht, nicht den Eindruck der Einmischung zu erwecken, dass Fehler passieren.

Wo war der Vorgesetzte, der die Angestellten des Finanzamts davon abhalten hätte sollen, ungeheuerliche Fragebögen zu erstellen und Suchabfragen nach "Patriots" und "We the People" durchzuführen? Vielleicht kämpfte sich diese Person gerade durch Mitteilungen des Kongresses, in denen auf Ermittlungen des Finanzamts gegen steuerfreie politische Gruppen gedrängt wird. Oder vielleicht war der Aufsichtsposten wegen der festgefahrenen Situation bei der Bestätigung der Nominierungen unbesetzt.

Und wo war der führende Beamte des Justizministeriums, der den Staatsanwalt von der Weitergabe einer weitreichenden Ladung an die Associated Press (AP) hätte abhalten sollen?

Die Hauptaktivität der Bundesregierung heutzutage besteht darin, Ermittlungen gegen sich selbst anzustellen. Kein Ausschuss ist überparteilich und unabhängig genug, dem Vorwurf der Vertuschung zu entkommen. Diese Beschuldigung wurde gegen den Benghazi-Prüfungsausschuss unter der Leitung des früheren Staatssekretärs Tom Pickering und des früheren Generalstabschefs Admiral Mike Mullen erhoben. Meine Güte, wenn diese beiden Teil einer Verschwörung sind, übersiedle ich nach Moskau!

Entblättert man die verschiedenen Skandale, die derzeit durch Washington wirbeln, stößt man auf die gemeinsame Thematik schlechter Entscheidungen von Regierungsbeamten, vermischt mit Besserwissen im Nachhinein und einem Kongress, der mit dem Finger auf andere zeigt.

Eine andere Generation hätte gesagt: Machen wir weiter. Wir aber sagen: Machen wir noch einen Untersuchungsausschuss.

Übersetzung: Redaktion