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Millionen Menschen, die mit der Überzeugung zur Wahl gehen, dass Europa das Ziel sein müsse, werden am Sonntag abstimmen gehen - in der Ukraine. Und jene rund 400 Millionen Wahlberechtigten in der EU? Etwa 170 Millionen werden wählen gehen.
Die bereits fixierte Niederlage des rabiaten Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden wird viele in Brüssel erleichtert aufatmen lassen. Er ist eine Schlüsselfigur jenes politischen Spektrums, das Europa zerstören will. Und er hat verloren.
Am Sonntag wird sich weisen, ob der (auch nicht gerade innovative) Denkzettel-Ansatz der Freiheitlichen Anklang findet. Hilfreich ist er jedenfalls nicht. Kritik an der Regierung in Österreich ist durchaus berechtigt, die EU-Wahl hat aber eine ganz andere Stoßrichtung. Es geht um die Entscheidung, in welche Richtung sich dieses Europa entwickeln soll.
Ein Beispiel: Die Budgetdefizite der 28 EU-Länder zu reduzieren ist sicher der richtige Weg. Allerdings haben alle Länder gleichzeitig gespart, die Folge war logisch: 26 Millionen Arbeitslose. Die ursprüngliche Idee, die sogenannte Austeritätspolitik zeitlich und länderweise zu staffeln, wurde weggewischt, weil es zu wenig Europa gibt.
Bei der EU-Wahl wird es auch darum gehen, ob dieses Europa sozialer wird. Solidarität darf sich nicht auf Banken beschränken, es geht vielmehr um Bildung und Mindestlöhne.
Noch ein Beispiel: Die Sozialtourismus-Debatte macht aus einer Ameise einen Elefanten. Der grenzüberschreitende Missbrauch von Sozialleistungen ist dermaßen gering, dass jede Kontrolle viel teurer wäre. Wenn Banken-Regulierungen derart ineffizient festgestellt würden, hätte wohl niemand etwas dagegen, diese Regel wieder abzuschaffen.
Bei dieser EU-Wahl geht es also darum, diese Fakten anzuerkennen und der EU eine neue Vision zu geben. Mit nationalen Unzufriedenheiten sollte das nicht verwechselt werden. Und ein Faktum lässt sich wohl auch nicht wegwischen: Destruktion und Kleinhäuslerei waren schon immer schlechte Ratgeber.
Millionen Wähler in der Ukraine wissen das, sie wollen in die Europäische Union. Es würde den Wahlberechtigten in der EU gut anstehen, sich bei der Europawahl am Sonntag von diesem Traum eine Scheibe abzuschneiden.