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Die eigentlichen Brandstifter

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Alle reden über Zypern und einen Banken-Run, den es nicht geben wird. Die Abgeordneten im heimischen Nationalrat machen sich - vorgeblich - große Sorgen um die Guthaben russischer Oligarchen bei zypriotischen Banken. Der dazugehörige oppositionelle Misstrauensantrag gegen Finanzministerin Maria Fekter ist so weltfremd wie die Debatte selbst. Es mag so manches geben, das der Finanzministerin vorzuwerfen ist, aber Zypern gehört wahrlich nicht dazu.

Vollkommen weggeblendet durch das kleine Zypern wurde die Budgetrede des britischen Finanzministers in London. Sie war nicht nur schlecht, sondern wird in den Auswirkungen auf die EU grauenhaft sein. Das britische Sparprogramm wird unvermindert fortgesetzt, auch wenn es gar nichts bringt: Großbritannien muss weiterhin viel Geld aufnehmen, weil das Sparprogramm die Wirtschaft abwürgt und die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen bleiben. Die Briten werden also weiter sparen, mit negativen Auswirkungen auf das EU-Wirtschaftswachstum.

Und das wird insgesamt unangenehmere Auswirkungen haben als jedes Rettungspaket für Zypern. Dort geht es - wieder einmal - um ein überdimensioniertes Bankensystem, eingebettet in ein legistisches Steuerparadies. Maßnahmen gegen die dort stattfindende Geldwäsche sind Teil der Vereinbarung für jede Hilfe, darüber wird aber wenig bis gar nicht gesprochen.

Auch hier gibt es eine Verbindung zu den Briten. Mit großem Einsatz verteidigt Premier David Cameron die Londoner City, weil die dort bezahlten Gehälter unverhältnismäßig hoch sind - und den Immobilienmarkt in London stützen.

Während Zypern aber eine überschaubare Größe ist, drohen aus Großbritannien ordentliche Zores. Die Verteidigung des Londoner Finanzplatzes, gepaart mit diesem Budgetvoranschlag, berechtigt zur Frage, ob das britische Geschäftsmodell erstens nachhaltig ist und zweitens sozialen Mindeststandards entspricht.

Zypern ist zu klein, um sich gegen die EU zu wehren. Selbst wenn Russland Milliarden zur Verfügung stellt, bliebe für die dortige Regierung das Thema Geldwäsche unlösbar.

Großbritannien hingegen setzt in den europäischen Institutionen seine Größe und Macht ein, ohne auf irgendjemanden Rücksicht zu nehmen. Darüber sollte der Nationalrat debattieren, und nicht über Sparguthaben in Österreich, die exakt niemand abschöpfen will.