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Diogenes, der Philosoph der Bedürfnislosigkeit, der der Überlieferung nach in einem Fass lebte, spazierte einst mit einem seiner Schüler über den Marktplatz von Athen. Er sah sich die dort ausgebreiteten Köstlichkeiten und Raritäten aus aller Herren Länder genau an und war sichtlich zufrieden und vergnügt. Wie kommt es, staunte sein Begleiter, dass du dich so freuen kannst über all diese Dinge, die du dir doch gar nicht leisten könntest, noch dazu wo du uns immer eine Lebensweise ohne Luxus predigst? Sein Lehrer gab ihm zur Antwort: Es macht mich einfach glücklich, so viele Sachen zu sehen, die ich überhaupt nicht brauche!
Ähnlich ergeht es mir oft, wenn ich mir das Fernsehprogramm ansehe. Untersuchungen haben bestätigt, dass man den Fernseher weniger oft aufdreht, je mehr Programme man zur Auswahl hat. Da ist schon was dran, so paradox es klingen mag. Am vergangenen Wochenende beispielsweise war es die Übertragung des Eurovision Song Contests, die ich mir gerne ersparte. Nicht nur weil unser Land wegen des blamablen Abschneidens in den Jahren davor heuer nicht im Bewerb vertreten war. Doch derlei registriere ich ohne Groll, meist sogar mit einer gewissen Erleichterung. Es gibt ja so vieles, was man machen kann, anstatt vor dem Fernseher zu sitzen und sich über das Angebotene zu ärgern. Und da ich das Wochenende mit meiner Familie auf dem Lande verbrachte, gab es genügend Alternativen: Um ehrlich zu sein, wir widmeten den Samstagabend dem Kartenspielen. Es muss ja nicht immer hochgeistig und exquisit zugehen. Die einfachen Freuden des Lebens - und da bin ich wieder bei Diogenes angelangt - tun es oft auch.