)
Die engsten Vertrauten im Visier der Justiz. | Entstehung des Irak-Engagements im Blickpunkt. | Washington/Wien. Derzeit ist George W. Bush viel unterwegs. Nach dem Amerika-Gipfel vor rund zwei Wochen im argentinischen Mar del Plata tourt er gerade durch die Staaten Südostasiens. Dass Besuche eines US-Präsideten in diesen Weltgegenden stets für Proteste und Demonstrationen sorgen, gehört ja heute fast schon zum üblichen Ritual. Ungewöhnlich ist jedoch, dass Bush auch an der Heimatfront ein eisiger Wind ins Gesicht bläst.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage für die Zeitung "USA Today" und CNN erzielte Bush nur noch eine Zustimmungsrate von 37 Prozent, zwei Prozentpunkte weniger als auf dem vorangegangenen Rekordtief von 39 Prozent im Oktober. Verantwortlich dafür sind neben dem Irakkrieg vorallem die zahlreichen Affären der US-Administration.
Popularitätstief im eigenen Land
Der Irak-Krieg, in dem kürzlich der 2000. tote US-Soldat zu beklagen war, das Missmanagement während des Hurrikans Katrina, steigende Benzinpreise und etliche Affären und Polit-Pannen (siehe Artikel unten) lassen die Popularität des mächtigsten Mannes der Welt immer weiter sinken. Nur noch zwischen 35 und 39 Prozent der US-Amerikaner, je nach Umfrage, sind mit der Amtsführung Bushs zufrieden, nur 40 Prozent halten ihn noch für ehrlich und vertrauenswürdig.
Sogar die eigene Partei lässt Bush zunehmend im Stich. Schon jeder fünfte befragte Anhänger der Republikaner ist mit ihm unzufrieden, und in Washington häufen sich die Auseinandersetzungen zwischen Partei und Weißem Haus, ob es um die Bestellung eines Höchstrichters oder ein Folterverbot geht.
Vereinsamung droht ihm auch an seiner eigentlichen Wirkungsstätte: Im Zuge der Affäre um die Enttarnung einer CIA-Mitarbeiterin ist auch Karl Rove, einer der engsten Berater des Präsidenten, ins Visier der Justiz geraten. Der stellvertretende Stabschef im Weißen Haus gilt als der einflussreichste und gefürchtetste Gefolgsmann von Bush.
Im Gegensatz zu seinem Kollegen an der Spitze des Stabs von Vizepräsident Dick Cheney, Lewis Libby, gegen den bereits Anklage erhoben wurde, sind die Ermittlungen gegen ihn im "Spygate"-Fall noch nicht abgeschlossen. Cheney und Rove gehören zu den engsten Vertrauten von Bush, zu dem neokonservativen Kreis, in dem die zentralen Fragen der US-Politik besprochen werden. Der Ex-Stabschef im Außenministerium, Lawrence Wilkersen, bezeichnete dies als "Verschwörung", die "eher zu einer Diktatur denn zu einer Demokratie" passe.
Kein Vertrauen mehr zu den Beratern
Zu ihren "katastrophalen Entscheidungen", die laut Wilkersen sein Ex-Chef Colin Powell nicht verhindern konnte, zählt er wohl auch den Krieg gegen den Irak. Wie dieser Weg beschritten wurde, mit welchen Mitteln der Krieg propagiert wurde, ist nun durch die Affäre um CIA-Agentin Valerie Plame und ihren Mann Joseph Wilson wieder in den Blickpunkt gerückt.
Einige Beobachter werten auch die misslungene Bestellung von Harriet Miers zur Höchstrichterin schon als Zeichen, dass die Ermittlungen gegen Rove die Arbeit beeinträchtigen - der gevifte Stratege hätte sonst seinem obersten Chef die Blamage erspart.
Das alles zehrt an den Nerven des Präsidenten: Immer unleidlicher gegenüber Untergebenen soll er werden, erzählte etwa "Daily News" über Interna. Das Verhältnis zu Cheney, Rove und Stabschef Andrew Card sei stark gestört, berichtete "Time". "Er hat an Vertrauen in die drei Menschen verloren, auf die er am meisten hört", zitiert das Magazin einen Beamten aus dem Weißen Haus. Nur noch Außenministerin Condoleezza Rice genieße uneingeschränktes Vertrauen.
Kein Wunder, dass die Spekulationen und Diskussionen darüber immer stärker werden, wie lange es sich Bush noch erlauben kann, sich nicht von Rove zu distanzieren. Vorläufig lehnt Bush unter Hinweis aus das laufende Verfahren jede Stellungnahme ab. Der Vize-Stabschef könnte aber zur Belastung für die weitere Amtszeit werden, lauten die Befürchtungen.
Erinnerungen an Reagans Probleme
Kenneth M. Duberstein, 1988 und 1989 Stabschef im Weißen Haus, fühlt sich an 1987 erinnert, als die Iran-Contra-Affäre Präsident Ronald Reagan auf ähnliche Umfragedaten wie heute Bush absacken ließ. In der "International Herald Tribune" schilderte Duberstein die damaligen Rezepte: Einerseits personelle Erneuerung im "inneren Kreis", andererseits politische Kompromisse mit dem US-Kongress und schließlich eine Entschuldigung Reagans für die Iran-Contra-Affäre brachte den Präsidenten zur Mitte seiner zweiten Amtszeit wieder auf die Erfolgsstraße zurück.
"Das "Spygate der Mächtigen