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"Die Elite-Uni soll keine Uni sein"

Von Heiner Boberski

Politik

Während Deutschland auf die Förderung von "Exzellenzforschung" setzt, herrscht in Österreich Skepsis gegenüber einer Elite-Universität.


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Gegen Missverständnisse im Zusammenhang mit der Gründung des "Austrian Institute for Advanced Science and Technology" (AIAST) wendet sich der Präsident des Österreichischen Wissenschaftsrates, der Philosoph und Wissenschaftstheoretiker Jürgen Mittelstraß. Wie er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" betonte, gehe es bei dem häufig als "Elite-Uni" bezeichneten Projekt um eine Einrichtung der Spitzenforschung, an der vor allem bereits promovierte Wissenschaftler tätig sein werden. Nur weil sie auch das Promotionsrecht erhalten soll, was laut Mittelstraß gar nicht sein müsse, falle diese Einrichtung unter den Begriff "Universität". Für die Gründung einer neuen Universität hätte der Wissenschaftsrat "nie eine positive Empfehlung abgegeben". Aus diesem Grund hält Mittelstraß auch Kritik daran, dass das AIAST Privilegien habe, weil es nicht dem UG 2002 unterworfen sei, für unberechtigt - es sei eben keine Universität.

Mittelstraß vergleicht das AIAST mit den Max Planck Research Schools in Deutschland: "Diese außeruniversitären Forschungseinrichtungen kooperieren mit den Universitäten, aber das Promotionsrecht bleibt bei den Universitäten." Er versteht die neue Einrichtung "als eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung, wie Österreich schon viele hat, die Institute der Akademie der Wissenschaften, der Boltzmann-Gesellschaft oder Seibersdorf".

In Wien trat am Mittwoch ein "Protestplenum Politikwissenschaft" gegen eine Elite-Universität auf. Es würde zu einer Entwertung der bestehenden Unis kommen und von den "teilweise katastrophalen Zuständen an den Massenunis" ablenken. An der Akademie der bildenden Künste Wien lehnte der Universitätsrat das Projekt ab.

Jürgen Mittelstraß sieht keine "katastrophalen Zustände", aber eine schwierige Situation an den Universitäten, die er darauf zurückführt, dass man erst lernen müsse, mit der immer angestrebten und nun gewonnenen Autonomie umzugehen. Für die Unruhe hinsichtlich der Finanzierung hat er Verständnis: "Das darf nicht zu Lasten der Universitäten gehen und zu einer Reduktion ihrer Mittel führen." Es gehe nicht um Konkurrenz mit bestehenden Hochschulen, sondern um eine "Optimierung des Systems". Wie im Sport bleibe man ohne Anstrengungen zurück. Mittelstraß hofft, dass das AIAST zum Anstoß wird, "die Zusammenarbeit wissenschaftlicher Einrichtungen auf eine ganz neue Basis zu stellen". Er rechnet mit einer Mischfinanzierung aus Geldern des privaten Sektors, des Staates und des Bundeslandes. Als Standort kommt für ihn "nur Wien oder ein Ort in Niederösterreich in der Nähe des Wiener Flughafens" in Frage.

Große Hoffnungen setzt er auf Mittel aus der "Forschungsmilliarde", von der auch die Universitäten und der Wissenschaftsfonds profitieren sollen: "Das Problem ist: Was passiert nach 2010, wenn die Mittel der Milliarde erschöpft sind? Das weiß heute noch niemand."

Mit der Lage in Deutschland, wo Bundesregierung und Länder in den nächsten fünf Jahren 1,9 Mrd. Euro für Exzellenzforschung zur Verfügung stellen wollen, sei die Situation in Österreich nicht ganz vergleichbar. Erfreulich sei, dass Parteipolitik keine Rolle spiele: Hier wie dort erkenne man, bei unterschiedlich gefärbten Regierungen, was notwendig sei.