Caritas-Präsident Michael Landau drängt auf einen Ausbau der Sterbebegleitung. Kinder sind unterversorgt.
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Wien. Es gibt den kleinen Julian, der nach einem tragischen Unfall seit fünf Jahren im Wachkoma ist, daheim bei seiner Familie lebt und eine 24-Stunden-Betreuung braucht: Pflege, umlagern, Nahrung, absaugen. Oder Laura, die an einer angeborenen, unheilbaren Stoffwechselerkrankung leidet und auf ihren Rollstuhl angewiesen ist, den sie kaum selbst bedienen kann. Sie besucht eine Schule und trifft ihre Freunde. Aber ohne Begleitung ist das nicht möglich. Einem Beruf kann die Mutter nicht mehr nachgehen - ihre Arbeit ist zu Hause.
"Die Eltern haben nur Pause, wenn die Pflegerin vorbeikommt", sagt Martina Kronberger-Vollnhofer, Leiterin des mobilen Kinderhospizes Momo und Kinderhospizbeauftragte im Dachverband Hospiz Österreich. "Das ist eine schwierige Situation, in der man selten für sich sein kann." Die Familien werden durch eine ehrenamtliche Hospizbegleiterin oder eine mobile Kinderkrankenschwester unterstützt.
Auf Spenden angewiesen
Seit dem Start von Momo 2013 haben sich 80 Familien bei Wiens mobilem Kinderhospiz gemeldet, erklärte Kronberger-Vollnhofer. Laufend gibt es neue Betreuungsanfragen. Die ist für die Familien kostenlos, das Projekt selbst aber rein spendenfinanziert, was die Arbeit einschränkt. Nur in Niederösterreich und der Steiermark gibt es öffentlich finanzierte Hospiz- und Palliativteams. In allen anderen Bundesländern gibt es entweder keine Angebote für Kinder und Jugendliche. Oder sie werden durch Spenden und ehrenamtliche Arbeit erhalten.
Laut Dachverband Hospiz gibt es in Österreich kein stationäres Kinderhospiz. Schätzungen zufolge sind aber mehr als 1000 Familien betroffen. Zwei bis drei Standorte werden stationär benötigt. Pädiatrische Palliativbetten gibt es derzeit nur an einem Standort in Niederösterreich.
Nun sollen die Missstände im Angebot für schwerstkranke Kinder im Hospiz- und Palliativbereich politische Beachtung finden. Die von der Regierung initiierte Enquete-Kommission zur "Würde am Ende des Lebens" hat im März dieses Jahres ihren Endbericht mit 51 Empfehlungen dem Nationalrat vorgelegt. Dieser wurde einstimmig beschlossen.
36 Millionen für zwei Jahre
Die Regierung peilt demnach einen flächendeckenden Ausbau der Hospiz- und Palliativeinrichtungen an. Zudem soll es einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Versorgung geben. Jährlich gibt Österreich laut Dachverband Hospiz rund 87 Millionen Euro für die Hospiz- und Palliativversorgung aus. Für die Jahre 2016 und 2017 werden zusätzlich 36 Millionen Euro gebraucht. Caritas-Präsident Michael Landau verwies darauf, dass das Zusammenwirken von Bund, Ländern und Sozialversicherung hier von eminenter Bedeutung ist. Von den zuständigen Ministerien hat es derzeit noch keine Zusagen dafür gegeben: "Ich gehe davon aus, dass von der Regierung nicht die letzten Worte gesprochen sind", sagte Caritas-Präsident Landau.
In der Hand hat es auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bei den kommenden Budget- und Finanzausgleichsverhandlungen. "Mit den Mitteln sollten auch bestehende Einrichtungen wie Momo gefördert werden", forderte Kronberger-Vollnhofer. "Schwerstkranke Menschen, darunter auch Kinder, brauchen die Versorgung jetzt", ergänzte Landau. "Am Ende fehlt die Zeit. Diese Menschen können nicht länger warten."
Bis zur Bedarfsdeckung 2020 fehlen 321 Betten, 237 mobile Teams und sechs Tageshospize, hat der Dachverband errechnet. Vor allem Kinder und Jugendliche sind bei der Sterbebegleitung hierzulande noch unterversorgt. Mobile Palliativteams gibt es nur in Nieder- und Oberösterreich, der Steiermark und Wien. In fünf Bundesländern fehlt die Versorgung. Kinderhospizteams gibt es neben den bereits erwähnten Bundesländern nur in Vorarlberg. Anfang 2016 soll ein erster Teil des Ausbaus umgesetzt sein.