Warum es keine wirklich gute Entscheidung war, Christine Lagarde zur neuen obersten Hüterin des Euro zu machen.
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Dass in Gestalt von Christine Madelaine Odette Lagarde erstmals eine Frau die Europäische Zentralbank (EZB) leiten wird, mag aus frauenpolitischer Sicht begrüßenswert sein - ökonomisch hingegen ist diese Personalie leider eher bedrohlich. Vor allem all jene, die sich im Laufe des Lebens Ersparnisse zulegen konnten, etwa um für den Ruhestand vorzusorgen, haben allen Grund dazu, sich um die Werthaltigkeit ihrer Euro-Ersparnisse erhebliche Sorgen zu machen.
Denn nach allem, was man über Lagarde, frühere Finanzministerin Frankreichs und bis dato Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) weiß, ist sie alles andere als eine überzeugte Anhängerin einer harten, stabilen Währung, einer seriösen staatlichen Finanzgebarung ohne Schuldenexzesse und vor allem all jener Regeln, die bei der Euro-Einführung vereinbart und seither laufend missachtet wurden; allen voran die Schuldengrenzen des Maastricht-Vertrages.
Wes Geistes Kind Lagarde ist, zeigte sie im Nachgang zur Euro-Krise, als sie offen erklärte: "Wir haben alle nur denkbaren Regeln gebrochen", und es klang ganz, als sei sie auch noch irgendwie stolz darauf. Das ist als Qualifikation für die oberste Hüterin der Ersparnisse hunderter Millionen Sparer nun wirklich sehr beruhigend. Auch sonst gibt ihre Biografie wenig Anlass zur Zuversicht. Während ihrer vier Jahre als Finanzministerin stieg das Budgetdefizit der Grande Nation von 56 auf 193 (!) Milliarden Euro, ohne dass Frankreichs Wirtschaft wirklich auf die Beine gekommen wäre. Als IWF-Chefin spielte sie eine tragende Rolle in der Griechenland-Krise und sorgte vor allem dafür, dass verantwortungslose französische Großbanken ihre exzessiven Darlehen an Griechenland zurückbekamen. Dass ein französisches Gericht sie wegen "Fahrlässigkeit" in der Größenordnung von 400 Millionen Euro an Steuergeld in der "Affäre Tapie" schuldig sprach, rundet das Bild elegant ab.
Zu befürchten ist, dass Lagarde die EZB noch weiter weg vom Vorbild der Deutschen Bundesbank und hin zu einer an die Politik angekoppelten Institution machen wird, und zwar, schlimmer noch, an die französische Politik. Das heißt dann wohl: noch mehr Geld drucken und damit den Wert des Geldes unterminieren, noch niedrigere Zinsen samt der damit verbundenen Enteignung der Sparer, noch mehr Anleihen quasi konkursanter Euro-Staaten aufkaufen, noch mehr Verständnis für den Bruch der Maastricht-Regeln und die Einführung von Euro-Bonds, also eine Vergemeinschaftung der Euro-Staatsschulden zugunsten des klammen Südens und zulasten des eher austeritätsorientierten Nordens. Selbst der Einsatz völlig letaler ökonomischer Vodoo-Instrumente wie "Helikopter-Geld" - die EZB druckt Geld und drückt es jedem Bürger direkt in die Hand - oder starke Negativzinsen, eventuell kombiniert mit Bargeldverboten, ist ihr zuzutrauen. Derartige Überlegungen kommen ja immer wieder aus dem von ihr geführten IWF.
Für den Euro und vor allem den Erhalt des Geldwertes heißt das alles nichts besonders Gutes. "Lagarde wird die Eurozone in die Katastrophe führen", urteilte jüngst recht uncharmant der britische "Telegraph". Man muss kein notorischer Pessimist sein, um das irgendwie nachvollziehen zu können.