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Die Erben des Mallorca-Pakets

Von Engelbert Washietl

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Der Autor ist Vorsitzender der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse, und Salzburger Nachrichten.

Die Steuerreform wird heiter werden. Denn Österreichdefiniert den Spitzensteuersatz nach dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Darüber ist schon Kreiskygestrauchelt. | Das 13. und 14. Monatsgehalt gehören wie die Neutralität und das Wasser zu den Heiligtümern der Österreicher. Den weisesten, in seiner Konsequenz freilich kaum überzeugenden Ausspruch hat einst Rudolf Edlinger als Finanzminister gemacht: "Etwas anzugreifen, was als nicht erforderlich empfunden wird, ist nicht klug."


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Schon drei Jahre vor der für 2010 angesagten Steuerreform geht die Debatte um den Spitzensteuersatz quer durch die Fronten. Die Industriellenvereinigung will ihn von 50 Prozent auf mindestens 45 Prozent herunter bringen, Bernhard Felderer vom IHS legt eins drauf und möchte nur noch 43 Prozent, und IV-General Markus Beyrer lässt im Nebensatz sogar 40 Prozent hören. Wifo-Chef Karl Aiginger kann gut mit 50 Prozent leben, und SPÖ-Ideologen erst recht.

Für fix angestellte Arbeitnehmer, also den überwiegenden Teil der Einkommensbezieher, liegt die Spitze bei "nur" 43,7 Prozent, das verdanken sie den aus der Progression herausgenommenen Sonderzahlungen, die mit höchstens 6 Prozent besteuert werden. Die Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller erinnert daran, dass vor vielen Jahrzehnten mit der Einführung der extremen Steuerschonung für die Weihnachts- und Urlaubs-Sonderzahlungen ein Stück Gerechtigkeit hergestellt werden sollte: "Die Unselbständigen sollten einen Ausgleich dafür bekommen, dass sie steuerlich keine ähnlichen Gestaltungsmöglichkeiten wie die Selbständigen haben."

Das ist freilich der Punkt, an dem die Selbständigen immer unruhiger werden. Erstens in der Sache: Ein neuer Selbständiger, der mit heraushängender Zunge über die Runde kommt, hat wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Er bezahlt zusätzlich seine Arbeitsmittel, die den Fixangestellten von den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Zweitens sind die Selbständigen mehr geworden, etwa 487.000, und sie werden noch immer mehr.

65.000 freie Dienstnehmer sind in steuerlicher Hinsicht ihre Leidensgenossen. Sie alle vermissen jenen Freibetrag, der Arbeitern und Angestellten über das Urlaubs- und Weihnachtsgeld frei Haus geliefert wird. Eine Ungerechtigkeit, meinen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl unisono.

Die Gerechtigkeit ließe sich herstellen, indem die Steuervorteile entweder gleich auf alle Einkommensbezieher verteilt oder gänzlich, wenn auch mit entsprechendem Ausgleich im Steuertarif, abgeschafft werden. Beides wäre lediglich eine Aufgabe für Tarifmathematiker. Abschaffen geht aber in Österreich offenbar nicht, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind die steuerliche Komponente des Klassenkampfmythos.

Bundeskanzler Bruno Kreisky wagte es 1982, die Sonderzahlungen ins allgemeine Steuerpaket einzubeziehen und das Heiligtum zu säkularisieren. Er zitierte Finanzminister Herbert Salcher auf seinen Landsitz in Mallorca, schnürte ein Mallorca-Paket - und büßte ein Jahr später die absolute Mehrheit ein.

"Abschaffen schafft man nicht", sagt heute der Sozialexperte der WKO, Martin Gleitsmann. "Also muss die Steuererleichterung für alle gelten." Margit Schratzenstaller vom Wifo bindet solche Einzelforderungen in ein Gesamtprogramm ein: "Man muss sich alle Ausnahme- und Absetzmöglichkeiten genau anschauen und prüfen, ob sie noch sinnvoll sind. Und dann ein einfacheres Steuersystem mit niedrigeren Sätzen und einer breiteren Bemessungsgrundlage schaffen. Das könnten wir uns von der Flat-Tax der Reformstaaten abschauen."