Der US-Geheimdienst geht inzwischen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" davon aus, dass die E-Mails der Demokraten von Moskau gehackt wurden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Philadelphia. Sollte der republikanische Kandidat Donald Trump die Wahlen ums Präsidentenamt der USA gewinnen, käme das "einem Geschenk" für Russlands Präsident Wladimir Putin gleich, warnt die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright bei ihrer Rede auf der Democratic National Convention in Philadelphia. Albright, die in Bill Clintons zweiter Amtszeit als erste Frau das Amt der Secretary of State bekleidet hatte, erinnerte in ihrer Rede am Parteitag, dass Trump einmal Putin das Kompliment gezollt habe, dass der russische Präsident in Sachen "Führungskraft einen Einser" von ihm, Trump, bekommen würde. "Donald Trump hat eine eigenartige Faszination für Diktatoren, sei es Saddam Hussein, Kim Jong-un, Wladimir Putin." Ein Trump-Sieg wäre "ein Geschenk an Wladimir Putin, und, nach allem, was wir in letzter Zeit erfahren haben, ist Putin auch begierig darauf, Trump die Wahlen gewinnen zu sehen."
Albright spielt damit auf die sich immer mehr zur Sicherheit erhärtende Vermutung an, dass Russland die treibende Kraft hinter der Veröffentlichung von fast 20.000 internen E-Mails ranghoher Demokraten waren. Das FBI ermittelt derzeit den Security Hack der E-Mails des Komitees der Democratic National Convention, der auf Wikileaks veröffentlicht worden ist. In den E-Mails wird zum Teil offen gegen Hillary Clintons Rivalen Bernie Sanders agitiert, um sicher zu stellen, dass er nicht der offizielle Kandidat der Partei werde.
Die Publizierung dieser verschwörerischen E-Mails war Salz in den Wunden der Bernie-Sanders-Anhänger, die ohnedies eine Intrige gegen ihren Favoriten witterten und das "alte System" umstürzen wollen. Der Geschlossenheit der demokratischen Partei war mit der Veröffentlichung der E-Mails jedenfalls ganz und gar nicht gedient - und das intrigante Hick-Hack dient eventuell auch als Abschreckung für Unentschlossene.
Routine-Spionage oder gezielte Wahl-Manipulation?
Laut New York Times gehen US-amerikanische Geheimdienste inzwischen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" davon aus, dass die russische Regierung hinter dem Hacker-Angriff auf die Computer der Democratic National Convention steht. Man ist sich aber nicht sicher, ob der Hacker-Angriff eine Routinearbeit in der Cyberspionage war, "in jener Art, wie sie die Vereinigten Staaten in der ganzen Welt durchführen", wie die Times anmerkt, oder, ob der Hacker-Angriff ein gezielter Schlag war, um die Präsidentschaftswahl 2016 zu manipulieren. US-Präsident Barack Obama ließ sich in Fragen der gezielten Manipulation immerhin zu dem diplomatischen Statement hinreißen: "Alles ist möglich."
Die E-Mails wurden von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht, deren Gründer Julian Assange noch immer in der ecuadorianischen Botschaft in London lebt - aus Angst vor einer Auslieferung nach Schweden und einer darauffolgenden Überstellung in die USA. Assange hat deutlich gemacht, dass er Hillary Clintons Chancen auf einen Sieg schmälern möchte.
Es ist nicht bekannt, wie die Dokumente ihren Weg zu Wikileaks gefunden haben. Aber bevor sie noch in Bausch und Bogen auf der Webseite veröffentlicht wurden, ist ein Teil von ihnen schon im Vorfeld von anderen Medien publiziert worden und von jemandem, der sich "Guccifer 2.0" nennt. Die amerikanischen Ermittler glauben, dass es sich dabei um einen Agenten des russischen Militärnachrichtendienst GRU handelt.
Der Australier Assange weigert sich naturgemäß auch zu verraten, ob seine Quelle Moskau ist. Er verspricht aber, in Zukunft "noch viel mehr Material, das Einfluss auf die US-Wahlen haben wird", zu veröffentlichen. "Man fragt sich, ob Hillary Clinton bei jedem ernsten nationalen Problem dann die Russen, die Chinesen und so weiter verantwortlich machen wird."
Der Kreml selbst hat jeden Vorwurf des Hackens zurückgewiesen. Der Verdacht, Moskau stünde hinter der Veröffentlichung der E-Mails sei das "übliche Geplänkel" der US-Wahlkampfkampagnen. Allerdings: "Es ist nicht wirklich gut für die bilateralen Beziehungen", erklärte ein Kreml-Sprecher.
"Lustig, wie die nachlassende New York Times den demokratischen Narrativ unterstützt, dass Russland für mich arbeitet, nur Weil Putin gesagt hat, dass Trump ein Genie ist", twitterte Trump, wie immer über sich selbst in der dritten Person, am Mittwoch. Mit dem Nachsatz: "Amerika zuerst!"