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Die Erkenntnis lauert im Spiegel

Von Judith Belfkih

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Judith Belfkih, stellvertretende Chefredakteurin der "Wiener Zeitung".

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Sitzt das Herz im Hirn? Wo sitzt dann das Ich? Wo das Bewusstsein? Gibt es den freien Willen? Oder steht am Anfang doch nur eine biochemische Reaktion, die wir nachträglich als individuelle Entscheidungen wahrnehmen? Wie kann das Gehirn ein Teil der Wirklichkeit sein und diese zugleich (für uns) erschaffen?

Das Gehirn ist so rätselhaft wie der ganze Kosmos, da sind sich Hirnforscher einig. Das (menschliche) Denkorgan ist ein geheimnisvolles Universum, das mit jeder Erkenntnis neue Rätsel aufgibt.

Wir können heute Bereichen im Gehirn Aufgaben zuschreiben, wir wissen, was passiert, wenn etwas schiefläuft. Wir verstehen, wie Nervenzellen arbeiten und was sich biochemisch im Kopf abspielt. Die großen Fragen beantworten diese Details jedoch nicht.

Ob uns je gelingen wird, das Gehirn mit dem Gehirn zu verstehen, ist eine paradoxe Frage. So wie wir mit den Augen zwar in die Welt und in die Augen anderer blicken können; bleibt uns ein Blick verwehrt: der auf uns selbst. Sich über das Bewusstsein bewusst zu sein, so weit reicht die menschliche Logik noch. Aber mit dem Gehirn das Gehirn enträtseln? Neurobiologie, Psychologie und Philosophie erproben hier seit Jahrhunderten ihre (teils gemeinsamen) Grenzen. Der Mensch, so scheint diese Grenze immer zu lauten, braucht das Gegenüber, um sich selbst zu verstehen. Nur an sich selbst scheitert er. Vielleicht gibt es darüber hinaus keine Erkenntnis. Und womöglich handelt es sich dabei weniger um eine Grenze als um eine fantastische Vielzahl an Möglichkeiten.