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Die Erkenntnisse aus der Mondlandung

Von Eva Stanzl

Wissen

Zum Thema der Mondlandung vor genau 50 Jahren wird gerne der Wettlauf ins All in den Vordergrund gestellt. Doch die Menschheit verdankt dieser technischen Meisterleistung auch spektakuläre wissenschaftliche Erkenntnisse.


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Wien. Am 21. Juli 1969 landete Apollo 11 auf dem Mond. Nachdem Russland den ersten Menschen ins All gebracht hatte, hatten die USA die nächste Etappe des Space Race wie eine "Schlacht im Kalten Krieg" gewonnen, wie es Ex-Astronaut William Anders nannte.

Zum Thema der Mondlandung vor genau 50 Jahren wird der Wettlauf ins All in den Vordergrund gestellt. Die spannendste Pionierleistung war jedoch die Tatsache, dass der Mensch erstmals auf einem anderen Himmelskörper ausstieg, spazieren ging und dabei spektakuläre wissenschaftliche Ergebnisse ermöglichte. Kaum eine Erkundung machte, auch wegen ihrer enormen Publicity, die Halbwertszeit wissenschaftlicher Erkenntnisse deutlicher.

Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins brachten Gestein von einem fremden Himmelskörper zur Erde. Während der insgesamt sechs Apollo-Exkursionen wurden 2415 Proben mit einem Gesamtgewicht von 382 Kilogramm gesammelt. Die Proben verwiesen bisherige Annahmen über die Entstehung von Planeten in den Speicher für altes Wissen.

Wegen der intensiven geologischen Aktivität der Erde formiert sich ihre Oberfläche ständig neu. Ihr Boden unterliegt einem gnadenlosen Recycling, das seine Geschichte laufend überschreibt. Aus diesem Grund liefert er wenig Information über die junge Erde. Hier kommt der Mond ins Spiel, dessen Merkmale seit der Formation des Sonnensystems vor mehr als vier Milliarden Jahren weitgehend gleich geblieben sind.

Planeten und Monde, gewaltsam geboren

"Vor den Apollo-Landungen hatte man angenommen, Planeten hätten sich in einem bereits abgekühlten Zustand formiert und seien das Ergebnis einer sanften Ansammlung von asteroidenartigen Trümmern", erklärt der Geologe Richard Carlson von der Carnegie Institution in Washington in einer Sonderausgabe des Fachmagazins "Science" zu Apollo 11: "Analysen des Mondgesteins lassen jedoch auf einen weitaus dynamischeren, gewaltigeren Prozess schließen, der sich durch hochenergetische Kollisionen, Mineral- und Gesteinsschmelze charakterisierte." Erst die Zusammensetzung der Mondproben lehrten die Menschheit, dass Planeten und Monde gewaltsam geboren werden.

Wie der antike Stein von Rosetta den Schlüssel zur Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen lieferte, helfe das Gestein vom Mond, das Sonnensystem zu begreifen, betont der Nasa-Forscher Samuel Lawrence vom Johnson-Raumfahrtzentrum in Houston. Die Proben hätten zu einem besseren Verständnis unserer kosmischen Umgebung beigetragen.

Auf die Apollo-Ausbeute gehen Erkenntnisse zu Merkur, Mars und Asteroiden zurück. Auch eine Chronologie der Mondkrater und ein besseres Verständnis der Mondkruste konnte man daraus ableiten. Zur Entstehung des Mondes hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass er das Ergebnis eines exzentrischen Zusammenstoßes der Proto-Erde mit einem etwa marsgroßen Körper namens Theia ist. Antworten wie diese haben gleichzeitig so viele Fragen aufgeworfen, dass eine zweite Serie von (bemannten) Mondflügen lohnenswert erscheint, um dem Trabanten weitere Geheimnisse zu entlocken. Sie reichen bis in die Tiefen des Alls.

Was passierte vor der Entstehung des Sonnensystems, kurz nach dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren? Die Astronauten von Apollo 16, der bisher vorletzten Reise Amerikas zum Mond, "hinterließen am 24. April 1972 ein kleines, vergoldetes Teleskop auf dem Mond. Es war ein kleiner Teil der Mission, aber ein Meilenstein der Astronomie: Das erste Observatorium auf einer anderen Welt", heißt es in "Science": "Seitdem schmieden Astronomen Pläne für eine Mondbasis."

Der Mond ist ein luftloser, seismisch stiller Ort mit Platz für ganze Felder von wissenschaftlichen Experimenten. Insbesondere seine dunkle Seite wäre für Radioastronomen ein Paradies. Geschützt vor Interferenzen mit Funksignalen der Erde, ließe sich in aller Ruhe dem Universum lauschen.

Auf der Erde muss die Radioastronomie mit TV- und Radiogeräten konkurrieren. Besonders Niedrig-Frequenzen werden von der Ionosphäre zerstreut. Doch gerade Wellenlängen von unter 50 Megahertz transportieren die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung aus dem dunklen Zeitalter des Kosmos, bevor sich die Sterne bildeten. Die uralte Botschaft aus dem frühen Universum sind nicht mehr als ein Flüstern. Doch Berechnungen zeigen, dass eine Vielzahl von Antennen an einem stillen Ort den Hauch hörbar machen würde.

Neue Ära in der Suchenach Leben im All

Radioteleskope könnten auch die Wellen der Magnetfelder von erdähnlichen Exoplaneten mit Eisenkernen registrieren. Die Suche nach Leben im All würde in eine neue Ära eintreten.

Eine kommerzielle Ausbeutung des Mondes würde diese Signale freilich stören. Wenn auf dem Mond Kräne auffahren und Bagger ihn seiner Bodenschätze berauben, wäre es nichts mit rauschfreiem Lauschen nach den Flüstertönen aus der Vergangenheit. Die Menschheit muss entscheiden, welche der zahlreichen Ideen zu neuen Mondmissionen sie umsetzen will, damit aus der stillen Mondwüste nicht ein kosmischer Ballermann wird.

Anders als Apollo wird eine neue, bemannte Mission nicht die exklusive Leistung der Amerikaner sein. Europa entwickelt mit, China landete erstmals mit einem Roboter auf der Rückseite. Indien will am Montag zum Südpol des Trabanten starten, um in den dortigen schattigen Kratern nach Wassereis zu suchen. Da an den Rändern der Krater nahezu ständig die Sonne scheint, wären zwei Elemente für eine Ansiedlung auf dem Mond vorhanden.