Zum Hauptinhalt springen

Die Erste ihrer Art

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Mit Sarah Mullally erhält London die erste Bischöfin seiner Geschichte.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

London. Zurzeit fällt in London eine Bastion männlicher Vorherrschaft nach der anderen. Im April dieses Jahres übernahm Cressida Dick als erste Polizeichefin der Stadt die Leitung von Scotland Yard. Im Oktober wurde Brenda Hale Präsidentin des Obersten Gerichts Großbritanniens. Und nun erhält die Themse-Metropole mit Sarah Mullally die erste Bischöfin ihrer Geschichte.

Für Englands Staatskirche ist das ein bemerkenswerter Einschnitt. Pastorinnen kennt die anglikanische Kirche erst seit den neunziger Jahren - und viele Traditionalisten haben den Wandel bis heute nicht akzeptiert. Sarah Mullally aber wird nun, nach den Erzbischöfen von Canterbury und York, die Nummer drei in der Hierarchie der Staatskirche sein. Sie "thront" über tausend Geistlichen in der Acht-Millionen-Stadt. Zudem fällt ihr ein Sitz im britischen Oberhaus, dem House of Lords, zu. "Ebenso überrascht wie erfreut" hat sich die 55-Jährige über ihre Ernennung gezeigt.

Mullallay ist eine ungewöhnliche Kirchenfürstin. Die Tochter einer Friseuse arbeitete lange Jahre als Krankenschwester in diversen Krankenhäusern in London, bevor sie sich fürs Pfarramt entschied. Sie war zuletzt Chefin des öffentlichen Pflegedienstes für England und wurde für diese Arbeit mit dem Adelstitel einer "Dame" geehrt. Eamonn Mullally, den sie 1987 heiratete und mit dem sie zwei inzwischen erwachsene Kinder hat, war ursprünglich römisch-katholischer Konfession.

In der Tat hofft die neue Bischöfin, ein breites Spektrum von Londonern anzusprechen. Sie will "für Menschen aller Glaubensrichtungen, aber auch für Menschen, die keinem Glauben anhängen", da sein. Die Kirche selbst brauche nicht nur mehr weibliche Geistliche, sondern auch mehr Pastoren aus ethnischen Minderheiten. Viele Menschen, meint sie, fühlten sich "an den Rand gedrängt, zornig und ohne Stimme". Auch deren Stimme müsse die Kirche sein.

In Sachen Homo-Ehe taktierte Sarah Mullally bislang vorsichtig. Sie hält sich an die offizielle Linie der Staatskirche, für die Ehe noch immer eine ausschließlich heterosexuelle Angelegenheit ist. Für Gegner der Frauen-Ordination empfindet sie "Respekt". Niemand soll gezwungen werden, ihre Autorität anzuerkennen, wenn er nicht will.

An Prominenz zumindest wird es ihr in Zukunft nicht fehlen. Bischöfe von London sind in der Regel auch zuständig für die Kapellen der königlichen Familien an der Themse. Und das nächste kirchliche Ereignis auf dem Kalender der Royals ist die Heirat von Prinz Harry und Maghan Markle im Mai 2018 in Windsor, die nun kaum ohne Sarah Mullally vonstattengehen kann.