Die Eröffnungsrede von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon am Montag fiel aus: Eine Ausstellung über den Völkermord in Ruanda im UNO-Hauptquartier in New York wurde verschoben. Die Türkei hatte gegen einen Begleittext protestiert, in dem die Tötung von bis zu eineinhalb Millionen Armeniern während des Ersten Weltkrieges als "Vorläufer" des Völkermordes in Afrika bezeichnet wird.
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Dies ist nicht untypisch für die Probleme, auf die ein UNO-Chef allenthalben trifft. Die große Rede ist aber ohnehin nicht Sache des Südkoreaners: Anders als sein Vorgänger Kofi Annan setzt Ban Ki Moon weniger auf Medienwirksamkeit und moralische Appelle als auf zähe Kleinarbeit hinter den Kulissen.
Aber auch diesbezüglich fällt die Bilanz seiner ersten 100 Tage im Amt zwiespältig aus. Der frühere US-Botschafter John Bolton vergibt deshalb für die "Bemühungen einen Einser mit Auszeichnung, für die Substanz aber ein Ungenügend." Das sehen auch viele so, die der UNO freundlicher gegenüberstehen als der Hardliner Bolton.
Vor allem die interne Umstrukturierung der Organisation, deren Reform sich Ban Ki Moon auf die Fahnen geschrieben hat, stieß auf Kritik. Zwar ließ er sich die Rücktrittsansuchen von Untergeneralsekretären sehr rasch unterschreiben, mit der Nachbesetzung ließ er sich aber ungewöhnlich lange Zeit. Und einige Personalentscheidungen, die schließlich doch getroffen wurden, sorgten bei Diplomaten für Kopfschütteln. Auch dass der Ex-Außenminister Südkoreas sein persönliches Kabinett mit langjährigen Weggefährten und Landsleuten durchsetzte, wird ihm schlecht angerechnet.
Positiv wird allerdings vermerkt, dass er offenbar weniger willfährig ist, als vielfach angenommen worden ist. Sein Eintreten für Klimapolitik wurde von der US-Regierung nicht gut aufgenommen. Russland verärgerte er, indem er den Kosovo-Plan von UNO-Vermittler Martti Athisaari voll unterstützte. Den Iran kritisierte er wegen seiner Haltung zum Holocaust.
Nach außen entfaltet der Generalsekretär eine rege Reisetätigkeit, deren Schwerpunkte dem entsprechen, was er bei seinem Amtsantritt angekündigt hat: Friedenslösungen für die sudanesische Unruheprovinz Darfur und für den Nahen Osten zu finden. Zweimal reiste er bereits nach Afrika, auf dem Gipfel der Afrikanischen Liga in Riad erreichte er, dass der Druck auf den Sudan erhöht wurde.
Konkrete Ergebnisse bleiben freilich in beiden Fällen vorläufig ausständig. Nach seiner Rückkehr aus dem Nahen Osten musste Ban Ki Moon um Geduld bitten. Viele Beobachter sind angesichts der schwierigen Materien auch bereit, ihm diese zuzugestehen.
Die meisten meinen aber, dass der Südkoreaner auch selbst schuld daran sei, dass sich bisher kein klares Bild seines Kurses herauskristallisiert. Sie wünschen sich ein bisschen mehr vom Stil seines Vorgängers Annan: Weniger Geheimniskrämerei und mehr Öffentlichkeitsarbeit.