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Die ersten NS-Opfer bekommen Geld

Von Wolfgang Sablatnig

Politik

Gesamtforderungen von mehr als 1,3 Milliarden Dollar. | Entschädigungsfonds ebnete Weg für Vorauszahlungen. | Wien. Das Kuratorium des Entschädigungsfonds hat am Donnerstag den Weg für Vorauszahlungen an die NS-Opfer endgültig frei gemacht. Die ersten 921 Briefe mit der Ankündigung der Zahlungen werden in den nächsten Tagen verschickt. Die Anspruchsberechtigten müssen bestätigen, mit der Leistung des Fonds auf alle weiteren Ansprüche aus Schäden aus der NS-Zeit zu verzichten. Sobald diese Erklärung eingetroffen ist, kann Fonds-Generalsekretärin Hannah Lessing das Geld überweisen.


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# "Bitte warten" für Erben und kleine Ansprüche

Die Vorauszahlungen betragen je nach Kategorie zehn oder 15 Prozent der als berechtigt anerkannten Forderungen. Zehn Prozent gibt es für Ansprüche aus dem sogenannten "Forderungsverfahren". Dieses kommt zur Anwendung, wenn die Ansprüche gut belegt und nachweisbar sind. Das "Billigkeitsverfahren" mit einer Voraus-Quote von 15 Prozent greift in erster Linie bei ideellen Verlusten, etwa wegen einer abgebrochenen Berufsausbildung oder dem Verlust von Berufsrechten. Ebenfalls 15 Prozent beträgt die Quote für die Entschädigung nicht erstatteter Versicherungspolizzen.

Vorerst kein Geld bekommen Erben von NS-Opfern, die während des bereits seit Jahren laufenden Verfahrens verstorben sind. Keine Vorauszahlung gibt es auch dann, wenn diese geringer als 500 Dollar (417 Euro) ausfallen würde. Von 1700 erledigten Anträgen, bei denen die Einspruchsfristen bereits abgelaufen sind, liegen 600 unter dieser Auszahlungsgrenze.

Ziel dieser Vorgangsweise ist eine Verwaltungsvereinfachung. Der Fonds will sicherstellen, dass die betagten Anspruchsberechtigten die Auszahlung auch tatsächlich noch erleben.

Wer noch jetzt kein Geld bekommt, muss warten, bis alle exakt 19.359 Anträge bearbeitet sind. Dies könnte im Jahr 2007 der Fall sein, hofft Lessing. Sie hat Unterstützung von 130 Mitarbeitern, darunter je 40 Juristen und Historiker.

Wenn alle Forderungen feststehen, werden sie addiert. Dann kann errechnet werden, wieviel Prozent seiner Forderung jeder einzelne Antragsteller tatsächlich befriedigt bekommt. Denn insgesamt stehen nur 210 Millionen Dollar (176 Millionen Euro) zur Verfügung.

Einzelforderungen bis zu 2,2 Millionen Dollar

Die Gesamthöhe der Forderungen dürfte jedenfalls mehr als 1,3 Milliarden Dollar (1,08 Milliarden Euro) betragen. Diese Zahl ergibt sich aus zwei unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Methoden durchgeführten Berechnungen von Statistikern. Der Entschädigungsfonds wollte damit abklären, wie hoch Vorauszahlungen ausfallen können, ohne dass jemand zu viel Geld bekommt.

Das Ergebnis: Die endgültige Quote für das Billigkeitsverfahren dürfte bei etwa 18 Prozent liegen, mehr als 20 Prozent hat zu erwarten, wer eine Entschädigung für Versicherungspolizzen bekommt. Deutlich geringer werden mit elf bis zwölf Prozent die Zahlungen aus dem Forderungsverfahren ausfallen. Die Differenz zur Vorauszahlung wird geleistet, wenn diese Quoten fix sind.

Basis für die Berechnungen waren die Daten zu knapp 6.000 Anträgen. Die Einzelansprüche im Forderungsverfahren waren bisher mit bis zu 2,246 Millionen Dollar (1,871 Millionen Euro) am höchsten. Bei Versicherungspolizzen lag die höchste Forderung bei 1,117 Millionen Dollar (931.000 Euro), im Billigkeitsverfahren bei 280.000 Dollar (233.000 Euro).