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Die ersten Schritte zum Mediziner

Von Nina Flori

Wissen
Strenge Sicherheitskontrollen erwarteten die Prüflinge vor dem Einlass in das Wiener Austria Center. Foto: flor (4)

Sieben Stunden dauerte der Test. | Die 740 Besten dürfen Mitte August in Wien inskribieren. | Knapp 2000 deutsche Bewerber. | Wien. Die Atmosphäre im Wiener Austria Center am Freitagmorgen erinnerte etwas an die eines Flughafens. Lange Menschenschlangen bildeten sich schon vor dem Gebäude, Metalldetektoren mussten durchschritten und eine strenge Gepäckkontrolle absolviert werden.


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6017 Prüflinge - ein neuer Teilnehmerrekord - hatten sich im Vorfeld zum "Eignungstest für das Medizinstudium" (EMS) an der Medizinischen Universität Wien angemeldet. Knapp 2000 Anmeldungen kamen von deutschen Bewerbern. Ausgestattet mit durchsichtigen Plastiksackerln - nur wenige Utensilien durften mitgeführt werden - machten sich die Prüflinge nach den Sicherheitskontrollen schließlich auf die Suche nach den ihnen zugeteilten Plätzen in den fünf verschiedenen Sälen.

Großer Andrang führt zu Verspätung

Glücksbringer, Jausen und Studentenfutter wurden zum Durchhalten des siebenstündigen Tests auf den Tischen drapiert. Wegen des großen Andrangs konnte die Testphase 1 allerdings nicht wie geplant um 9 Uhr, sondern erst mit 50 Minuten Verspätung beginnen. In jedem Saal führte schließlich ein Testleiter durch die nacheinander abfolgenden und zeitlich genau festgelegten Untertests mit insgesamt 198 Einzelfallfragestellungen.

"Der EMS ist ein psychologischer Eignungstest, der zentrale und relevante Studier-Fähigkeiten für das Medizinstudium testet", erklärte der Vize-Rektor der MUW, Rudolf Mallinger, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Umfangreiche Evaluierungen des seit vielen Jahren in der Schweiz angewandten Tests hätten gezeigt, dass ein gutes Testergebnis nachweislich mit einem gutem Studienerfolg korreliere. Konkret werden bei dem in Deutschland entwickelten Test die differenzierte visuelle Wahrnehmung, das Verständnis für medizinisch-naturwissenschaftliche Problemstellungen sowie das räumliche Vorstellungsvermögen getestet. Weitere Schwerpunkte liegen auf Mathematik, Physik, der Aufmerksamkeitsspanne, der Interpretationsfähigkeit medizinisch-naturwissenschaftlicher Texte und der Organisationsfähigkeit. Zudem müssen Diagramme und Tabellen interpretiert werden.

"Grundsätzlich kein Vorwissen erforderlich"

"Bei dem Test geht es nicht darum, Wissensaufgaben zu lösen. Grundsätzlich muss man daher nicht mit Vorwissen kommen", erklärte Mallinger. Die Aufgaben seien zwar anspruchsvoll, Untersuchungen würden aber belegen, dass mehr als zwanzig Stunden Vorbereitung kaum relevante Lerneffekte bringe.

Bis 17.50 Uhr - inklusive einer Stunde Mittagspause - dauerte die Marathon-Prüfung. Im Anschluss wurden die Testbögen unter notarieller Aufsicht für den Versand in die Schweiz verpackt, wo sie maschinell und anonymisiert ausgewertet werden.

555 Studienplätze für Österreicher in Wien

Die Ergebnisse sind ab Anfang August online abrufbar - ab Mitte August können die 740 Bestgereihten an der Medizin Uni Wien inskribieren. Entsprechend der gesetzlichen Quotenregelung stehen 75 Prozent der 740 Studienplätze Österreichern, 20 Prozent Personen aus EU-Ländern und fünf Prozent Personen aus Nicht-EU-Ländern zu.

Zusätzlich zu dem für 4500 Teilnehmer eingeteilten Austria Center wurde für 1500 Prüflinge die Messe Wien angemietet. Eine Maßnahme, die sich letztlich als unnötig erwies, da ein Viertel der Angemeldeten nicht zum Test erschien. Schon vor Feststehen der exakten Teilnehmerzahlen hatte Vize-Rektor Mallinger für die Einhebung einer Prüfungsgebühr - wie in der Schweiz - plädiert. Für die Wiener Med-Uni wäre bei 4000 Studenten die Einhebung von 80 Euro pro Student kostendeckend. Vorrangig gehe es aber um die "Ernsthaftigkeit beim Erscheinen", betonte Mallinger. Zudem könnte die Teilnehmerzahl so im Vorhinein besser geplant werden. "Politisch ist es aber nicht gewollt, dass wir Gebühren einheben." Wegen der ständig steigenden Anmeldezahlen müsse dies aber wieder ein Diskussionsthema werden, forderte der Vize-Rektor.

Derzeit wendet die Med-Uni Wien rund 300.000 Euro für die Abwicklung des Tests auf. 220 Personen betreuten die Kandidaten, 30 weitere waren als Wachbedienstete im Einsatz.

Auch in Innsbruck und Graz wurden am Freitag medizinische Eignungstests durchgeführt. Rund 2350 Bewerber nahmen daran teil. Die Forderung nach Prüfungsgebühren unterstützt man dort ebenfalls.

Stimmen

Die 19-jährige Julia hat sich für die Prüfung mit Hilfe eines Vorbereitungskurses bei einem privaten Lerninstitut gewappnet. Für den Fall, dass sie den siebenstündigen Test nicht besteht, hat sie sich keinen Ersatzplan überlegt: "Ich bin aufs Schaffen ausgerichtet", meint sie kämpferisch. Die mitgebrachte Jause inklusive Studentenfutter soll für die notwendige Konzentration sorgen.

Der 22-jährige Felix studiert im dritten Semester Jus in Hannover, viel lieber würde er aber Medizin studieren. In Deutschland bekommt er wegen seines Notendurchschnitts allerdings keinen Studienplatz. Die Prüfung in Wien macht er nun schon zum dritten Mal. "Der Test ist darauf ausgerichtet, dass man nicht fertig wird, deshalb ist es immer schwierig, sich selbst einzuschätzen", sagt er.

"Ich hab gar nicht vor, wirklich Medizin zu studieren", sagt der 20-jährige Andi aus Schärding in Oberösterreich. Aus diesem Grund ist er auch nicht wirklich vorbereitet. Denn eigentlich studiert er ja Psychologie. "Ich wollte einfach nur einmal dabei sein", meint er lachend. "Wenn man aber ewig in dieser Schlange steht, fragt man sich eh, warum man sich das eigentlich antut."