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Die Erwartungen von Indiens "Generation next"

Von Aakriti Chandihok

Gastkommentare

In einem Land mit einem Altersschnitt von 25 Jahren repräsentiert die viel zitierte "Generation Y" tatsächlich den Durchschnitt des Landes. | Diese jungen Leute kennen die Stärken, aber auch die Schwächen ihrer Heimat, und viele von ihnen wandern deshalb ins Ausland ab.


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Die größte Demokratie der Welt wählt. Während derzeit in Indien die Parlamentswahlen stattfinden, wird deren Ausgang international mit Spannung beobachtet. Wer die Wahlen gewinnt, ist allerdings nur bedingt relevant. Mittel- und langfristig ist viel eher entscheidend, ob die Erwartungen der "Generation next" an ein Indien von morgen erfüllt werden können.

Die viel zitierte "Generation Y" bildet in Indien den überwiegenden Bestandteil der Bevölkerung. In einem Land mit einem Altersschnitt von 25 Jahren repräsentiert diese Gruppe tatsächlich den Durchschnitt des Landes. Für diese "Generation next" misst sich der Erfolg des "Emerging Market" insbesondere daran, ob und in welcher Geschwindigkeit ein "Established Market" daraus erwächst. Diversität ist Indiens zweiter Name und nicht nur regional und kulturell sichtbar, sondern insbesondere auch sozial. In nur wenigen anderen Ländern der Welt klafft die soziale Schere so stark auseinander wie in Indien.

Die Koexistenz von Arm und Reich, getrennt durch wenige Meter, zeichnet unter anderem die Gruppe der "Emerging Markets" distinktiv aus.

Indiens "Generation next" hat die Hoffnung, dass Indien die Supermacht von morgen werden könnte. Sie ist in einem Land aufgewachsen, in dem die Fortschritte und Rückstände im Gleichschritt sind. Sie kennt die Stärken und weiß zugleich um die Schwächen in der Entwicklung ihrer Heimat Bescheid. Beide sind zahlreich.

Der Weg vieler dieser "Generation next" führt ins Ausland. Dies hat in sehr vielen Fällen nicht nur mit wirtschaftlichen Erwägungen zu tun. Die Entwicklung, der sich Indien künftig stellen wird müssen, ist der "Brain Drain", der sich insbesondere in privilegierten Bevölkerungsschichten abzeichnet, und zwar bereits in der Schul- und Studienzeit.

Die steigenden Leistungsanforderungen geknüpft mit der disproportional kleinen Anzahl an Studienplätzen an inländischen Universitäten zwingt viele - auch gute - indische Schulabsolventen, den Weg an eine ausländische Universität für das Studium zu suchen. In manchen Fällen auch freiwillig: Die oftmals besseren Studienbedingungen und die höhere Dichte an Forschungsmöglichkeiten machen den Reiz des Auslands aus.

Auch im jungen Berufsleben erweist sich der Weg oder Verbleib im Ausland oftmals - insbesondere in den technischen Berufen - als erfolgsversprechender. Die nach wie vor zurückhaltende Liberalisierung des Marktes ist ein weiterer Faktor, der viel geistiges Potenzial aus dem Land zieht. Der Wunsch nach einer Rückkehr in die Heimat ist daher nicht immer gegeben.

Indiens Sprung von einem "Emerging Market" zu einem "Established Market" ruht auf den Schultern der "Generation next". Ein Indien, das die nötigen Reize schafft, um aus dem "Brain Drain" ein "Brain Retain" zu machen, wäre ein Indien von morgen. Unabhängig davon, wie die Wahlen heute ausgehen.

Aakriti Chandihok ist gebürtige Wienerin mit indischen Wurzeln. Sie hat an der Universität Wien Jus studiert und ein postgraduales Studium an der Columbia University in New York absolviert. Derzeit arbeitet sie in einer internationalen Wirtschaftskanzlei.