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Vorwürfe gegen die Regierung von Luis Zapatero. | Die Volkspartei verliert ihr stärkstes Wahlkampfthema. | Madrid/Wien. (apa) Die baskische Separatistengruppe ETA hat ihre vor einem Jahr verkündete Waffenruhe für beendet erklärt. In einem Kommuniqué drohten die Separatisten mit neuen Terroranschlägen. Von heute, Mittwoch, an werde die ETA den bewaffneten Kampf "an allen Fronten" wieder aufnehmen. Damit könnte Spanien vor den Parlamentswahlen im nächsten Frühjahr eine neue Welle der Gewalt bevorstehen.
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Die Drohung der ETA hat das Potenzial, die Karten der spanischen Innenpolitik neu zu mischen. Bisher hatte die konservative Opposition unter Mariano Rajoy alles daran gesetzt, den sozialistischen Premier José Luis Rodríguez Zapatero wegen seiner Dialogbereitschaft gegenüber der ETA aus dem Spiel zu werfen. Nun scheint Zapateros Politik gescheitert zu sein, zumal die ETA seiner Regierung die Schuld am Scheitern der Friedensbemühungen gegeben hat. Schachmatt ist er deshalb aber keineswegs.
Politikum vor Wahlen
Denn selbst wenn die Volkspartei (PP) offenbar ihr politisches Credo ("Mit Terroristen kann nicht verhandelt werden") bestätigt sieht, könnte sie nunmehr ihr Lieblingsthema verlieren. Lange Zeit waren groß angelegte Protestmärsche gegen Verhandlungen und einen Dialog mit der ETA eine der Hauptbühnen für PP-Granden wie Parteichef Rajoy oder den früheren Ministerpräsidenten José Maria Aznar gewesen.
Dass die Konservativen die Straße zunehmend als politisches Druckmittel benutzten, hatte auch den Verdacht aufkeimen lassen, dass dabei parteipolitische Zecke die Mittel heiligten. Noch nie sei mit dem Terrorismus Opposition gemacht worden, sagte Zapatero und appellierte an die "ethische Pflicht", die Diskussion um mögliche Verhandlungen mit der ETA "vollständig aus der politischen Debatte herauszuhalten".
Nun aber wirft die ETA Zapatero vor, dass er sich zu einem "Faschisten" gewandelt habe, der dem baskischen Volk seine Rechte verweigere. Wegen ihrer Nähe zur ETA waren die Wahllisten zweier baskischer Parteien, der Patriotischen Sozialisten sowie der Nationalistischen Baskischen Aktion, verboten worden. Somit hat die Regierung die von der Opposition geforderte Härte gegen die ETA und ihre Vorfeldorganisationen gezeigt. Womit die PP eigentlich ihrer Hauptmunition gegen Zapatero beraubt wurde.
Interessant zu beobachten ist der von den spanischen Medien bereits konstatierte Strategiewechsel Rajoys seit den Kommunalwahlen Ende Mai. Die PP ging nämlich von der totalen Konfrontation zu einer sukzessiven Annäherung an die gemäßigten Nationalisten im Baskenland, Katalonien, Galicien und auf den Kanarischen Inseln über.
Der Hintergrund: Erstmals seit der Niederlage bei den Parlamentswahlen im Sog der Madrider Terroranschläge vom 11. März 2004 wurde die PP Ende Mai stimmenmäßig wieder stärkste Partei in Spanien. Der Vorsprung ist aber minimal und die Sozialisten können auf mehr Bündnispartner zählen. Die PP hat es sich in den vergangenen Monaten auch mit vielen maßvollen Minderheitenvertretern verscherzt. Angesichts des Umstandes, dass im kommenden Frühjahr wieder Parlamentswahlen anstehen, ist nun offenbar Behutsamkeit angesagt.
Stichwort: ETA
Erklärtes Ziel der ETA ("Euskadi Ta Askatasuna/ Baskenland und Freiheit ") ist ein unabhängiges Baskenland, das Gebiete im Nordwesten Spaniens und im Südwesten Frankreichs zwischen den Flüssen Adour und Ebro umfassen soll. Zu dem Land sollen die derzeitige autonome Baskenregion in Spanien, Navarra sowie das französische Baskenland gehören.
Der Gewalt der ETA fielen bisher mehr als 1000 Menschen zum Opfer , darunter auch 200 Etarras. Politisch wird die 1959 gegründete Organisation durch die Partei Batasuna vertreten, die in Spanien verboten ist und vor allem vom Südwesten Frankreichs aus operiert.
Der Kampf gegen die ETA findet auf verschiedenen Ebenen statt. Die EU setzte die ETA im Dezember 2001 auf ihre Liste verbotener Terrororganisationen. Vor allem in Frankreichs Südwesten, der als Rückzugsgebiet der Separatisten gilt, wurden immer wieder ranghohe Mitglieder der ETA verhaftet und verurteilt.